
Als der Schlusspfiff in Bielefeld ertönte, war der Jubel im Schalker Block grenzenlos. Die Mannschaft hatte gerade ein intensives 2:1 eingefahren, das nicht nur drei Punkte brachte, sondern vor allem ein Gefühl: Schalke lebt wieder. Trainer Miron Muslic stand nach Abpfiff mit funkelnden Augen auf dem Rasen – und brachte die Stimmung seiner Mannschaft auf den Punkt.
Es sei, so Muslic, “eine der komplettesten Leistungen seit langer Zeit” gewesen. Sein Team habe “in fast allen Phasen des Spiels Kontrolle und Biss gezeigt” – eine Aussage, die deutlich machte, wie weit der Klub unter seiner Regie gekommen ist.
Wacht der schlafende Riese wieder auf?
Noch vor wenigen Monaten war Schalke 04 Sinnbild für Chaos, Absturz und Enttäuschung. Vom Champions-League-Aspiranten zum Zweitliga-Sorgenkind – der Niedergang schien endlos. Doch seit der Verpflichtung von Muslic hat sich das Bild gewandelt. Mit dem dritten Sieg in Serie und Platz zwei in der Tabelle hat sich Königsblau in der Spitzengruppe festgesetzt.
Die Mannschaft wirkt gefestigt, taktisch klar strukturiert und physisch dominant. Besonders beeindruckend: Mit der derzeit besten Defensive der Liga – trotz namhafter Angreifer auf der Gegenseite – hat Schalke seine größte Schwäche in eine Stärke verwandelt. Gleichzeitig zeigt das Team auch offensiv wieder Mut, Tempo und Zielstrebigkeit.
Teamgeist und klare Taktik als Erfolgsrezept
Finn Porath, der sich mit einem Traumtor gegen Fürth in die Herzen der Fans geschossen hatte, spürt Parallelen zu früheren Erfolgen. „Bei meinem Aufstieg mit Kiel war dieser besondere Zusammenhalt zu spüren – und das erkenne ich hier wieder“, erklärte er jüngst. Dennoch mahnt der Flügelspieler zur Geduld: „Wir stehen erst am Anfang. Der Weg ist noch lang.“
Dieser neue Spirit ist das Werk eines Duos, das Schalke in kürzester Zeit stabilisiert hat: Trainer Miron Muslic und Sportvorstand Frank Baumann. Während Muslic auf intensives Gegenpressing und schnelles Umschaltspiel setzt, sorgt Baumann im Hintergrund für Ruhe und Struktur. Zusammen haben sie ein Fundament geschaffen, das nach Jahren der Planlosigkeit dringend nötig war.
Defensive Stärke – offensive Luft nach oben
Mit Nikola Katic und Hasan Kurucay hat Schalke endlich wieder Innenverteidiger, die Stabilität garantieren. Rückkehrer Timo Becker fällt zwar verletzt aus, doch Torhüter Loris Karius fängt bislang alles ab, was durchrutscht – und führt statistisch die Liga an.
Vorne hapert es jedoch noch an der Effizienz. Chancen entstehen reichlich, doch der letzte Punch fehlt. „Wir haben vorne enorm viel Qualität“, meinte Porath optimistisch. „Die Tore werden kommen – das ist nur eine Frage der Zeit.“
Neururer dämpft die Euphorie
Während Fans und Mannschaft vom Aufstieg träumen, warnt einer mit Schalke-Vergangenheit vor Übermut: Peter Neururer. Der ehemalige Trainer sieht die Entwicklung zwar positiv, aber auch kritisch. „Aktuell zeigt die Mannschaft, was sie kann – das reicht, um oben mitzuspielen. Doch den Aufstieg als Ziel auszurufen, wäre fatal“, sagte der 70-Jährige.
Für Neururer ist klar: Ein zu früher Höhenflug könne gefährlich werden. „Wenn Schalke das Ziel verfehlt, droht erneut ein Absturz. Und selbst im Erfolgsfall wäre der Kader für die Bundesliga noch zu schwach.“
Schalke zwischen Traum und Realität
Sechs Siege aus acht Spielen, Platz zwei in der Tabelle, ein klarer Plan auf dem Platz – Schalke 04 ist auf dem besten Weg, wieder ein Spitzenteam zu werden. Doch die Geschichte des Vereins lehrt Demut. Zwischen Euphorie und Ernüchterung liegt oft nur ein Wochenende.
Muslic und Baumann haben eine Richtung vorgegeben, die Fans stehen wieder hinter der Mannschaft, und auf dem Platz ist endlich ein Konzept erkennbar. Der Aufstieg bleibt noch Zukunftsmusik – aber zum ersten Mal seit Jahren klingt sie in Gelsenkirchen wieder harmonisch.