Neuer Ligaverband der Frauen: Blamage für den DFB

Simon Schneider | am: 05.12.25
Die Proficlubs im deutschen Frauen-Fußball organisieren sich vorerst ohne den DFB – ein echter Eklat.

Nur einen Tag nach dem viel gefeierten Zuschlag für die Frauen-EM 2029 ist der deutsche Frauenfußball von einem Paukenschlag erschüttert worden. Die 14 Bundesligisten haben öffentlich mit dem Deutschen Fußball-Bund gebrochen – und wollen den lange geplanten Liga-Verband nun ohne den DFB gründen.

Der Schritt kommt nicht nur überraschend, sondern entfaltet eine Sprengkraft, die das Machtgefüge im deutschen Fußball nachhaltig verändern könnte.

Abkehr vom DFB – und ein neuer Veranstaltungsort

Trotz des ursprünglich gemeinsam vereinbarten Datums soll die Gründung des neuen Verbands zwar weiterhin am 10. Dezember stattfinden, jedoch nicht mehr im repräsentativen DFB-Campus. Stattdessen ziehen die Klubs nur wenige Straßen weiter in eine Loge der Frankfurter EM-Arena – ausgerechnet mit Eintracht Frankfurt als Gastgeber.

Die ungewöhnliche Distanzierung wird von deutlichen Worten flankiert. Bayern-Vorstand Jan-Christian Dreesen und Eintracht-Chef Axel Hellmann gingen in ihren Mitteilungen deutlich auf Konfrontationskurs. Der DFB, so der Eindruck der Klubs, sei von der Erklärung vollkommen überrascht worden und wollte zunächst keine Stellung beziehen.

Dabei hatte DFB-Präsident Bernd Neuendorf seit Monaten betont, wie sehr ihm der Professionalisierungsschub im Frauenfußball am Herzen liege. Sein Versprechen: 100 Millionen Euro zur Entwicklung einer gemeinsamen Liga-Gesellschaft über acht Jahre – ein zentrales Element seines Wahlkampfs.

Verträge brechen Vertrauen

Vor allem die Vertragsentwürfe haben das Fass zum Überlaufen gebracht. Hellmann kritisierte, man habe in den Papieren zentrale Absprachen nicht wiedergefunden. Man könne „nicht einfach zur Tagesordnung übergehen“, wenn zuvor vereinbarte Punkte plötzlich aufweichten. Die Konsequenz: Die Gründung soll ohne den DFB über die Bühne gehen.

Auch Dreesen äußerte sich irritiert. Die Liga habe in den vergangenen Monaten „in bemerkenswerter Geschlossenheit“ gearbeitet, betonte er, und wolle den Fußball der Frauen „auf eine stabile Zukunftsspur“ setzen. Dass der DFB bei bereits festgelegten Eckpunkten noch einmal nachjustiert habe, sei für ihn schlicht „nicht nachvollziehbar“.

Eigenständigkeit statt Abhängigkeit

Die Klubs sind sich bewusst, dass sie damit den Schulterschluss mit dem Verband vorerst aufkündigen. Dennoch bleibt ein Hintertürchen offen. In ihrer gemeinsamen Erklärung hieß es, dass eine spätere Zusammenarbeit grundsätzlich möglich sei – allerdings nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Die aktuelle Gründung erfolge jedoch – entgegen der ursprünglichen Planung – ohne Beteiligung des DFB.

Die Vereine wollen in der geplanten „Frauen-Bundesliga FBL e.V.“ ihre Kräfte bündeln, um eine moderne, professionelle Struktur zu schaffen. Vermarktung, Talentförderung und Schiedsrichterwesen sollen ebenso gestärkt werden wie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Liga. Ein externer Investor wird ebenfalls als Option gesehen.

“Tür nicht geschlossen” – aber deutliche Warnung

Hellmann warnte im Gespräch mit der „Frankfurter Rundschau“ vor langfristigen Schäden. Man dürfe nicht riskieren, dass „ein nachhaltiger Vertrauensbruch“ entstehe. Wenn die Basis für eine partnerschaftliche Zukunft nicht stimme, müsse man neu bewerten, ob der DFB der richtige Partner sei.

Gleichzeitig betonte der Eintracht-Boss, dass die Klubs die Tür nicht endgültig zuschlagen. Trotzdem müsse der Verband „deutlich umdenken“, wenn er Teil der zukünftigen Struktur sein wolle. Die Entscheidung über den Kurs liege letztlich bei den Vereinen.

Hellmann verwies zudem darauf, dass die Investitionsplanung der Klubs weit über das hinausgehe, was der DFB zugesagt habe. In den kommenden acht Jahren erwarte man ein Gesamtvolumen zwischen 300 und 700 Millionen Euro – möglicherweise sogar darüber. Daher sei der Frauenfußball „ökonomisch nicht vom Verband abhängig“.

Der DFB reagiert – und widerspricht

Der DFB äußerte sich schließlich knapp: Man habe die Aussagen „mit Verwunderung“ zur Kenntnis genommen. Zugleich stellte der Verband klar, dass eine Beteiligung am Ligaverband ohnehin nicht vorgesehen gewesen sei – dieser sei vielmehr Voraussetzung für das geplante Joint Venture.

Während die Männer-Bundesliga längst unter dem Dach der DFL organisiert ist, bleibt der Frauenfußball also weiterhin Schauplatz eines grundlegenden Machtkampfes. Und der könnte erst am Anfang stehen.

Simon Schneider Seit etwa 15 Jahren ist Simon im Sportjournalismus aktiv. Seine Karriere begann bei einem Online-Portal und setzte sie anschließend als freiberuflicher Redakteur bei einem großen Sportverlag, der Sport-Revue, fort. Neben seinem umfassenden Fachwissen im Fußballbereich ist er besonders versiert in den Disziplinen Fußball, Esports und Skisport. In seiner aktuellen Position bei der Sp24 hat er sein Themenfeld um Tennis, MMA und Politik erweitert und ist für das aktuelle Nachrichtengeschehen verantwortlich.

Auch in der Redaktion ist Simon als vielseitiger Wett-Experte bekannt, der eine der höchsten Erfolgsquoten aufweist. mehr lesen