Watzke kandidiert: Jetzt könnte der BVB-Machtkampf eskalieren

Simon Schneider | am: 13.08.25
Hans-Joachim Watzke will sich zum BVB-Präsidenten küren lassen. Bei vielen Fans kommt das gar nicht gut an.

Es knallt hinter den Kulissen von Borussia Dortmund. Offiziell nennt man es „Wahlkampf“, in Wahrheit ist es ein beinharter Machtkampf – und er wird schmutzig geführt. Hans-Joachim Watzke, seit zwei Jahrzehnten der mächtigste Mann im Klub, will den Präsidentensessel des Stammvereins. Für viele Fans ist das keine Bewerbung, sondern ein Versuch, die Kontrolle über den Verein auch nach dem Rückzug als Geschäftsführer zu behalten.

Dass er seine Kandidatur ausgerechnet am Geburtstag von Amtsinhaber Reinhold Lunow verkündet, wirkt wie eine kleine Machtdemonstration – eine Spitze, die in den Fanforen sofort erkannt wurde. “Typisch Watzke”, schreibt ein User im größten BVB-Forum. “Mehr muss man dazu nicht sagen.”

Vom Sanierer zum Machtpolitiker

Man muss nicht leugnen: Ohne Watzke wäre der BVB in den Nullerjahren wohl kollabiert. Er hat den Klub aus der finanziellen Not geholt und sportlich wieder konkurrenzfähig gemacht. Doch aus dem einstigen Sanierer ist längst ein Machtpolitiker geworden, der jede Schaltstelle im Verein im Blick hat.

Sein Ziel: den Präsidentenposten – offiziell als krönender Abschluss seiner Laufbahn, inoffiziell wohl auch als Sicherung seines Einflusses auf die Profiabteilung über die ausgegliederte KGaA. Denn der Vereinsvorstand bestimmt die Geschäftsführung – und Watzke kennt diese Mechanismen wie kein Zweiter.

Ein Gegner, der zum Problem wurde

Reinhold Lunow, sein Konkurrent, ist nicht irgendwer. Er war einst Watzkes Verbündeter, den dieser selbst in den Verein holte und vor drei Jahren für das Präsidentenamt mit auf den Weg brachte. Nun steht er im Weg – und das aus Sicht vieler Fans völlig zu Recht.

Lunows Sinneswandel, doch noch einmal anzutreten, kam nach dem umstrittenen Rheinmetall-Deal zustande. Erst hatte er zugestimmt, später kritisierte er den Vertrag mit dem Rüstungskonzern öffentlich. Damit stellte er sich nicht nur gegen den Deal, sondern auch gegen Watzkes Führungsstil.

Ein Wahlmodus wie bestellt

Brisant: Erstmals wird die Wahl hybrid durchgeführt. Rund 230.000 Mitglieder können abstimmen – online und vor Ort. Watzke hatte sich intern klar für diese Variante stark gemacht. Kein Zufall, sagen viele Kritiker: Während die aktive Fanszene in der Halle eher gegen ihn stimmen würde, gilt die breite Mitgliedschaft bundesweit als Watzke-freundlich.

Für viele ist das nichts anderes als ein taktischer Coup, um das Ergebnis zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Die Chance, dass er der einzige vom Wahlausschuss nominierte Kandidat wird, ist hoch.

Risse im Klub – und ein Compliance-Verfahren

Der Machtkampf hat längst tiefe Gräben aufgerissen. Im Sommer sah sich Watzke mit einem internen Compliance-Verfahren konfrontiert – Vorwurf: privat genutzte Charterflüge auf Klubkosten. Das Verfahren stellte ihn zwar frei, doch dass Interna überhaupt durchgestochen wurden, offenbart das zerrüttete Vertrauensklima.

Watzke reagierte dünnhäutig: „Dass Vertrauliches aus Gremien an die Öffentlichkeit gelangt, ist enttäuschend.“ In den Augen vieler Fans ist dies jedoch kein Einzelfall, sondern ein Symptom einer Führungskultur, die lieber unter Ausschluss der Öffentlichkeit agiert.

BVB-Fans vs. Watzke: Respekt für Verdienste, Misstrauen gegenüber dem Menschen

Es gibt BVB-Anhänger, die Watzkes Verdienste um den Verein hochhalten – doch das sind nicht die Stimmen, die in den Fanblöcken dominieren. Dort sieht man ihn als Manager, der zu weit weg von der Basis ist, der Diskussionen abblockt und Kritiker marginalisiert.

In den sozialen Medien wird ihm regelmäßig vorgeworfen, autoritär zu agieren. Für viele wäre seine Wahl zum Präsidenten gleichbedeutend mit einer zementierten Machtkonzentration. „Ein Präsident Watzke? Das ist wie ein Kanzler, der sich nach 20 Jahren einfach ins Schloss Bellevue versetzen lässt“, formuliert es ein Fan spöttisch.

Politisches Duell ohne Freundschaft

Aus der einstigen Männerfreundschaft zwischen Watzke und Lunow ist eine politische Feindschaft geworden. Man geht sich aus dem Weg, spricht kaum noch miteinander. Berichte, dass man bei der Club-WM in unterschiedlichen Hotels untergebracht war oder Lunow eine Fanveranstaltung verließ, als Watzke auftauchte, passen ins Bild eines tiefen Bruchs.

Für den Verein ist das fatal – die Stimmung im Inneren wirkt angespannt, Lagerbildung ist spürbar.

Favorit Watzke – aber zu welchem Preis?

Trotz der Fan-Proteste spricht vieles für Watzkes Sieg: Unterstützung der wichtigsten Vereinsgremien, ein Wahlmodus, der ihm zugutekommt, und die wahrscheinliche Alleinkandidatur. Doch die Kosten könnten hoch sein.

Ein langer, giftiger Wahlkampf könnte den Verein spalten. Vor allem, wenn die Wahl im November nicht nur zu einer Personalentscheidung wird, sondern zu einem Votum über den Kurs des gesamten Vereins.

Das Risiko einer Spaltung

Sollte Watzke gewinnen, wird er die Kritiker nicht automatisch zum Schweigen bringen. Im Gegenteil: Für viele würde seine Wahl die These bestätigen, dass Borussia Dortmund demokratische Vereinsstrukturen nur noch pro forma pflegt.

Verliert er, wäre seine Ära nach fast einem Vierteljahrhundert abrupt beendet. Beide Szenarien bergen Risiken – nur eines ist sicher: Der BVB wird diesen Machtkampf nicht ohne Blessuren überstehen.

Simon Schneider Seit etwa 15 Jahren ist Simon im Sportjournalismus aktiv. Seine Karriere begann bei einem Online-Portal und setzte sie anschließend als freiberuflicher Redakteur bei einem großen Sportverlag, der Sport-Revue, fort. Neben seinem umfassenden Fachwissen im Fußballbereich ist er besonders versiert in den Disziplinen Fußball, Esports und Skisport. In seiner aktuellen Position bei der Sp24 hat er sein Themenfeld um Tennis, MMA und Politik erweitert und ist für das aktuelle Nachrichtengeschehen verantwortlich.

Auch in der Redaktion ist Simon als vielseitiger Wett-Experte bekannt, der eine der höchsten Erfolgsquoten aufweist. mehr lesen