
Erst den Mittelfinger gezeigt, dann noch eine Papierkugel auf den Platz gekickt: Steffen Baumgart hatte sich am vergangenen Wochenende beim spektakulären 4:3-Sieg seiner Mannschaft in Frankfurt nicht im Griff. Der Coach von Union Berlin sah noch während der Partie die Rote Karte und musste anschließend eine Stellungnahme beim DFB abgeben. Jetzt wurde das Urteil gesprochen – es ist milder als von vielen Experten erwartet.
Union Berlins Trainer Steffen Baumgart muss nach seinem emotionalen Ausraster in Frankfurt lediglich ein Spiel zuschauen. Das DFB-Sportgericht belegte den 53-Jährigen nach seiner Roten Karte und einer obszönen Geste mit der Mindestsperre sowie einer Geldstrafe von 15.000 Euro.
Aussetzer beim 4:3-Sieg in Frankfurt
Beim packenden 4:3-Erfolg der Eisernen gegen Eintracht Frankfurt war Baumgart in der Schlussphase die Kontrolle entglitten. Zunächst trat er eine Papierkugel, die von den Rängen aufs Spielfeld geflogen war, zurück auf den Rasen – kurz zuvor war er von Schiedsrichter Sven Jablonski verwarnt worden. Dafür sah er die Rote Karte. Anschließend belegten TV-Bilder, dass der Coach auch noch den ausgestreckten Mittelfinger in Richtung Spielfeld gezeigt hatte.
Die Folge: ein Verfahren vor dem DFB-Sportgericht, das nun das Urteil fällte. Baumgart verpasst lediglich das Heimspiel am Sonntag gegen seinen früheren Arbeitgeber Hamburger SV. Darüber hinaus darf er an diesem Abend ab 19 Uhr bis 30 Minuten nach dem Abpfiff keinerlei Kontakt zur Mannschaft haben und sich weder im Innenraum noch in Kabinen oder Spielertunnel aufhalten.
DFB: Entschuldigung wirkte strafmildernd
In der schriftlichen Urteilsbegründung betonte der Verband, dass Baumgarts sofortige Entschuldigung in der Schiedsrichterkabine nach Abpfiff strafmildernd berücksichtigt wurde. „Seine Reue unmittelbar nach dem Spiel wurde anerkannt“, hieß es sinngemäß. Gleichzeitig verwiesen die Richter jedoch darauf, dass sein Verhalten durchaus das Potenzial gehabt habe, die Stimmung im Stadion weiter anzuheizen.
Das Sportgericht stellte außerdem klar, dass die beleidigende Geste nicht gegen eine bestimmte Person gerichtet gewesen sei. Dennoch bleibe der Vorfall ein klar unsportliches Verhalten.
Baumgart relativiert – und räumt Fehler ein
Direkt nach Spielende hatte Baumgart seinen Platzverweis eingeräumt: Er müsse künftig „besser mit seinen Emotionen umgehen“, sagte er. Die Geste mit der Hand jedoch spielte er herunter: Er habe „ins Leere geschaut“ und damit niemanden gemeint. Später ergänzte er, das Ganze sei „kein Angriff auf eine konkrete Person“ gewesen.
Obwohl seine Darstellung nicht alle Skeptiker überzeugte, nahm der DFB seine Argumente an. Union Berlin und Baumgart akzeptierten das Urteil ohne Einspruch.
Kritik an der milden Entscheidung
In Fachkreisen stößt das Strafmaß dennoch auf Verwunderung. Viele Experten sind der Ansicht, dass eine Sperre von nur einem Spiel der Schwere des Vergehens nicht gerecht wird. Zumal Baumgart in den ersten TV-Interviews den Vorfall zunächst heruntergespielt hatte, bevor er seine Darstellung auf der Pressekonferenz präzisierte.
Gerade ein Cheftrainer, so die Kritik, habe eine besondere Verantwortung. Ob ein Mittelfinger gezielt gegen Schiedsrichter, Zuschauer oder Spieler gezeigt wird oder „nur ins Leere“ – eine solche Geste überschreitet die Grenzen des Akzeptablen.
Baumgart: Emotionaler Typ mit Grenzen
Baumgart gilt seit Jahren als emotionaler, lauter und leidenschaftlicher Coach, der am Spielfeldrand oft aus der Haut fährt. Genau diese Authentizität macht ihn bei vielen Fans so beliebt. Doch im Frankfurter Stadtwald hat er den Bogen überspannt. Auch wenn Leidenschaft zum Fußball dazugehört, darf sie nicht in Respektlosigkeit umschlagen.
Am Sonntag muss der gebürtige Rostocker nun zusehen, wie seine Mannschaft ohne ihn das Duell mit dem HSV bestreitet. Mit Blick auf den geringen Umfang der Strafe kann er sich glücklich schätzen, dass der DFB sein Fehlverhalten nicht strenger geahndet hat.