
Julian Nagelsmann hat seinen Kader für die entscheidenden WM-Qualifikationsspiele gegen Luxemburg (14. November) und die Slowakei (17. November) bekanntgegeben – und dabei für eine faustdicke Überraschung gesorgt. Mit Said El Mala steht erstmals ein 19-jähriges Ausnahmetalent des 1. FC Köln im Aufgebot der deutschen A-Nationalmannschaft. Der pfeilschnelle Flügelspieler, der in der Bundesliga bislang erst neunmal auflief, krönt damit einen kometenhaften Aufstieg, wie ihn der deutsche Fußball selten gesehen hat.
El Mala, der in dieser Saison bereits vier Tore und zwei Vorlagen beisteuerte, avancierte beim Bundesliga-Aufsteiger zum entscheidenden Faktor und weckte nun das Interesse des Bundestrainers. „Wir wollen jungen Spielern aus der U21 frühzeitig die Möglichkeit geben, sich auf höchstem Niveau zu zeigen“, erklärte Nagelsmann. „Said bringt eine unbeschwerte Art mit, die uns guttun kann.“
Vom Kölner Talent zum Nationalspieler
Noch vor einem Jahr spielte El Mala bei Viktoria Köln in der 3. Liga, ehe ihn der FC verpflichtete und für eine Saison beim Stadtrivalen reifen ließ. Im Sommer 2024 kam der Sprung ins Bundesliga-Team – und dort überzeugt er seither mit Tempo, Mut und Abschlussstärke. Trotz seiner geringen Spielzeit zählt er zu den effizientesten Offensivspielern der Liga.
Beim jüngsten 4:1-Erfolg der Kölner gegen den Hamburger SV stand der Youngster einmal mehr im Mittelpunkt, als er nach seiner Einwechslung ein Tor erzielte und eines vorbereitete. Kein Wunder, dass die Fans schon von der nächsten großen FC-Legende träumen.
„Das ist ein Riesenerfolg für mich und ein besonderer Moment“, sagte El Mala nach der Nominierung. „Ich freue mich, die Farben Kölns nun auch im Nationaltrikot vertreten zu dürfen.“ Der Marktwert des Flügelflitzers dürfte nach dieser Berufung weiter steigen – und die Hoffnung der Domstädter, ihn langfristig zu halten, schwindet zusehends.
Rückkehrer und Neustarter: Bewegung im DFB-Kader
Neben El Mala hat Nagelsmann zwei prominente Rückkehrer in den Kader berufen. Leroy Sané, mittlerweile bei Galatasaray Istanbul unter Vertrag, kehrt nach fünfmonatiger Pause in die Nationalmannschaft zurück. Der 70-fache Nationalspieler hat sich mit starken Auftritten in der Champions League und in der türkischen Süper Lig wieder empfohlen.
Auch Innenverteidiger Malick Thiaw feiert sein Comeback. Nach seinem Wechsel von der AC Mailand zu Newcastle United hat sich der 24-Jährige in der Premier League durchgesetzt und dort zum Abwehrchef entwickelt. „Leroy hat zuletzt konstant auf hohem Niveau gespielt, und Malick hat sich in England etabliert. Beide sind wichtige Optionen für uns“, erklärte Nagelsmann.
Verzicht auf etablierte Namen
Andere Spieler dagegen müssen ihre WM-Träume zunächst auf Eis legen. Robin Koch, Robert Andrich, Maximilian Beier und Angelo Stiller gehören nicht mehr zum aktuellen Aufgebot. Auch Stuttgarts Linksverteidiger Maximilian Mittelstädt bleibt außen vor. Für Nagelsmann sind das konsequente, aber auch mutige Entscheidungen. Der Bundestrainer will neuen Spielern die Chance geben, sich in einem wichtigen Moment zu beweisen – und zugleich jene streichen, die stagnieren.
Im Angriff setzt er in Abwesenheit der verletzten Kai Havertz, Tim Kleindienst und Niclas Füllkrug auf den formstarken Nick Woltemade, der in Newcastle aufblüht. Dahinter drängen mit Kevin Schade und Jonathan Burkardt zwei weitere Angreifer auf Einsatzzeiten.
Die WM-Qualifikation als Prüfstein
Deutschland steht in der Qualifikationsgruppe punktgleich mit der Slowakei an der Spitze. Nach dem schwachen Start und dem 0:2 im Hinspiel gegen die Slowaken darf sich das DFB-Team nun keinen Ausrutscher mehr erlauben. Ein Sieg in Luxemburg ist Pflicht, das Duell in Leipzig drei Tage später könnte zum Endspiel um das direkte WM-Ticket werden. Der Gruppenerste qualifiziert sich direkt, der Zweite muss in die Play-offs.
„Wir wollen beide Spiele gewinnen und uns direkt für die WM qualifizieren“, betonte Nagelsmann. „Das wäre ein wichtiges Signal – auch mit Blick auf die Gruppenauslosung in vier Wochen.“ Der Bundestrainer will das Kapitel Qualifikation mit zwei souveränen Auftritten abschließen und den Blick dann auf die Turniervorbereitung richten.
Der deutsche Kader im Wandel
Sieben Monate vor Beginn der Weltmeisterschaft in Nordamerika zeigt sich, dass die deutsche Nationalmannschaft noch längst nicht gefestigt ist. Von den 26 Spielern, die bei der Heim-EM 2024 im Viertelfinale standen, sind nur noch acht im aktuellen Aufgebot vertreten. Der personelle Umbruch ist also in vollem Gange.
Nagelsmann versucht, das Team zu verjüngen und neu zu strukturieren. Dass er mit El Mala einen 19-Jährigen ins kalte Wasser wirft, passt ins Bild. Schon während der EM hatte sich gezeigt, dass Deutschland kreative, furchtlose Spieler braucht, die in engen Situationen für Überraschungsmomente sorgen.
Zwischen Experiment und Verpflichtung
Trotz aller Aufbruchsstimmung steht der Bundestrainer unter Druck. Ein Scheitern in der Qualifikation wäre ein sportliches Desaster. Gleichzeitig nutzt Nagelsmann die letzten Pflichtspiele des Jahres, um personell zu experimentieren und neue Hierarchien zu formen.
Mit Florian Wirtz, Leon Goretzka, Serge Gnabry und dem zurückgekehrten Sané bleibt das Mittelfeld prominent besetzt. In der Abwehr setzt Nagelsmann auf Stabilität mit Tah, Schlotterbeck und Kimmich, während Oliver Baumann weiterhin als vorübergehende Nummer eins im Tor gilt.
Der Blick geht nach vorn
Said El Mala steht exemplarisch für den Weg, den der DFB unter Nagelsmann einschlägt: mutig, verjüngt und mit der Hoffnung, neue Energie ins Team zu bringen. Sollte der Kölner Youngster auch im Nationaltrikot überzeugen, wäre das nächste Kapitel seiner märchenhaften Karriere schnell geschrieben.
Die kommenden Tage werden zeigen, ob der Bundestrainer die richtige Mischung gefunden hat – zwischen Talentschmiede und Turnierreife. Der Neustart ist eingeleitet, doch die entscheidende Prüfung steht noch bevor.

