Die Schadenfreude über das deutsche WM-Aus ist groß

Verlässt Jerome Boateng den FC Bayern nach der WM?
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Das WM-Aus für die deutsche Nationalmannschaft ist die eine Seite. Die weltweiten Reaktionen allerdings sollten zum Nachdenken anregen: über die große Schadenfreude.

Die Weltmeisterschaft geht jetzt richtig los – ohne Deutschland. Diese Möglichkeit hat man nicht erwogen, weil es undenkbar schien, obwohl es sich in den Gruppenspielen gegen Schweden und Mexiko bereits abgezeichnet hatte. „Fußball ist einfach. 22 Männer jagen 90 Minuten lang dem Ball hinterher, und am Ende gewinnen die Deutschen.“ Gary Linekers Zitat stand stellvertretend für die Nationalelf der Vergangenheit. Nun verbesserte der BBC Moderator: „Am Ende gewinnen fast immer die Deutschen.“

Was mit der deutschen Nationalmannschaft in Russland passiert ist, löste weltweit viel Spott aus. Grund dafür ist nicht nur, dass Deutschland seit je her als unbequemer Gegner galt und viele Spiele gewann, die auf der Kippe standen. „Wir müssen alles hinterfragen“, sagte Oliver Bierhoff, Manager des DFB nach dem blamablen Aus.

Die Pleite gegen Südkorea kann nicht mit deren Außenseiterstatus zu tun haben. Es muss maßgeblich am Auftreten des ehemaligen Weltmeisters gelegen haben. Dabei wurde den Deutschen womöglich das Schlimmste erspart. „Hätten wir heute gewonnen, hätte sich in der K.o.-Runde niemand vor uns gefürchtet“, sagte Neuer. Im Achtelfinale hätte Brasilien gewartet.

Ein anderes Public Viewing

Die Erwartung vieler Fans war, dass Deutschland nach dem Last-Minute-Sieg gegen Schweden nun mit der nötigen Motivation gegen Südkorea auf den Platz geht und souverän gewinnt. Mit dieser Grundhaltung trafen sie sich zum Public Viewing oder saßen gemeinsam vor dem Fernseher. Was dann passiert ist, lässt sich mit folgenden Worten gut beschreiben: öffentliche Leichenschau.

Der Weltmeister spielte wie gelähmt in der ersten Hälfte und brachte nur angstvollen Zeitlupenfußball zustande. Je weiter die Spielzeit voranschritt, desto panischer wurde er.

„Das letzte gute Spiel hatten wir gegen Ende des letzten Jahres“, erklärte Mats Hummels, und korrigierte später sogar auf März '17. Das waren Warnzeichen, dass etwas schief laufen könnte bei der WM, nur wurden sie nicht erkannt oder falsch gedeutet. „Es ist sehr enttäuschend für und von uns. Ich kann die Wut vieler Fans verstehen“, fügte Hummels hinzu.

Am 6. September geht es für die Nationalmannschaft in die nächste Runde – in der neuen Nations League gegen Frankreich. Wer wird spielen und wer wird auf der Bank sitzen? „Ich trage die Verantwortung und stehe dazu“, sagte Joachim Löw, und wie es sich mit seiner Vertragsverlängerung nach dem Abend in Kasan genau verhält, ließ er offen. Es würde nichts helfen, voreilig zu sein. Dennoch kündigte man an, die allzu lange für die geplante Großanalyse zu brauchen, wie es nach der EM 2016 der Fall gewesen ist.

Eventuell hat man damals schon die Probleme übertüncht und sich bloß über den glücklichen Halbfinaleinzug gefreut. Danach kam das Olympia-Silber, der Confed-Cup-Sieg sowie der EM-Titel der Junioren, das alles würde die aktuelle WM schon irgendwie richten, dachte man. Manche Aussagen des Abends hallten lange nach. Dass eine solche Mannschaft als Tabellenletzter in der Gruppe ausscheidet, dafür finden sich viele Gründe“, äußerte sich Thomas Müller. Die Beteiligten werden sie wohl kennen – nun wäre es an der Zeit, sie wenigstens intern auch deutlich zu benennen.