Die Veränderungen beim FC Bayern

FC Bayern im Lufthansa-Dilemma
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Für das Abschiedsspiel des einstigen Weltstars Bastian Schweinsteiger fährt der FC Bayern noch einmal groß auf. Noch fühlt er sich als Botschafter für den Klub. Doch einiges hat sich bereits gewandelt. 

Germknödel und Kaiserschmarrn fehlen zum perfekten Glück. Die würde er einfach zu gern essen, gibt Bastian Schweinsteiger zu. Allein schon deswegen schaut der Weltmeister mit großer Freude auf die Zeit in der Heimat. Zu jeder Mahlzeit hat es bei seinem bisherigen Aufenthalt in München trotzdem keine bayerische Kost gegeben. So ging es stattdessen mit Freunden zum In-Asiaten.

Der “Fußballgott” ist wieder daheim. Seit dem vergangenen Wochenende befindet sich Schweinsteiger wieder in München und bereitet sein Abschiedsspiel vor, welches der FC Bayern für ihn ausrichtet. Nach seinem Abgang sind drei Jahre verstrichen. “Servus miteinand!”, ruft er in die Runde, als er die Klubzentrale in der Säbener Straße erreicht.

Noch einmal im Stadion auflaufen, in welchem er praktisch alles erleben durfte. Dramen, Tragödien, Freudentage. Darin wurde er von “Schweini” zu Schweinsteiger, vom Teenieschwarm zum Weltfußballer, vom Jungen zum Mann. In diesem Stadion ist der heute 34-Jährige erwachsen geworden. “Ich fühle mich toll, wieder hier zu sein. Ein ganz spezieller Moment”, sagte Schweinsteiger, der die Arena seit dem letzten Spiel für den FC Bayern im Mai 2015 nicht mehr betreten hat.

Schweinsteiger im Bayern-Pool mit seiner Cousine

Sonntag absolvierte er mit seinem Klub Chiacgo Fire ein Training in der Säbener Straße. Fast 2000 Fans waren gekommen, um ihm zuzujubeln, einige hatten selbst gemalte Plakate mitgebracht, an einem Verkaufsstand gab es mit “Danke Basti” beschriftete Schals und “Fußballgott”-Shirts. Es war viel Applaus, den Schweinsteiger bekam. “Es ist überwältigend, wie sehr die Fans Basti lieben”, meinte Veljko Paunovic, Trainier von Chicago, dessen Spieler bereits Brenzn und Weißwurst probierten.

Es war fast wie früher, als Schweinsteiger als der Spieler beim FC Bayern zählte. Zunächst war er der “junge Wilde”, den man nachts auf dem Klubgelände im Whirlpool mit einem Mädel erwischt haben soll, welches laut Schweinsteiger seine eigene Cousine war. Er lackierte sich die Fingernägel, trug Armbänder und bekam von Präsident Hoeneß einen Rüffel dafür. Im Verlauf der Zeit entwickelte er sich durch seinen Einsatz und die enorme Identifikation mit der Mannschaft zum Liebling des Publikums, sodass er nun bei demselben mit dem Namen “Fußballgott” angesprochen wird. “Ich halte mich nicht für eine Legende”, nimmt Schweinsteiger bescheiden Stellung.

Doch die meisten tun es schon. So wurde er am Montag gleich doppelt geehrt: Zum einen bekam er im Marmorsaal des Prinz-Carl-Palais den Bayerischen Verdienstorden von Markus Söder überreicht. “Bastian Schweinsteiger” ist ein Ausnahmetalent, ein Vorbild und eine bayerische Persönlichkeit. Er hat über lange Zeit die erfolgreiche Ära Bayern Münchens sowie der deutschen Nationalelf maßgeblich geprägt”, sagte Söder. Am Nachmittag wurde er vom FC Bayern in der Hall of Fame geehrt.

In seinem letzten Spiel wird Schweinsteiger sowohl für die Bayern als auch für Chicago 45 Minuten lang spielen. Als er 2015 bei Manchester United landete, hatte ihn der Klub ohne besonderen Abschied gehen lassen. Der Dank in der Öffentlichkeit beschränkte sich auf eine schlichte Pressemitteilung sowie Postings in sozialen Netzwerken. Das hatten die Fans des Klubs kritisiert. Hinterher hatten die engen Terminpläne Schweinsteigers und des Klubs ein Abschiedsspiel verhindert.

Im Alter von 13 Jahren war Schweinsteiger vom FV Oberaudorf zum FC Bayern München gewechselt und spielte fortan 17 Jahre für den Verein, schaffte 500 Partien, gewann achtmal die Meisterschaft, siebenmal den Pokal und 2013 schaffte er mit Trainerlegende Jupp Heynckes sogar das Triple. Auch Heynckes wird beim Abschiedsspiel in München sein.

Die Rückkehr Schweinsteigers macht noch einmal deutlich, wie groß die Veränderungen seines einstigen Klubs in den vergangenen Jahren waren. Bei den Münchnern hat eine Internationalisierung stattgefunden, vieles rund um die Spiele wurde auf den Kanälen in China und den USA gepostet. Viele der damaligen Mitspieler sind nicht mehr im Verein. In Manuel Neuer, Thomas Müller und David Alaba sind noch Identifikationsfiguren vorhanden. Hoeneß zeigt sich bemüht, das familiäre Moment im Klub zu bewahren. Und trotzdem finden viele, dass es eine größere Distanz zur Basis gibt. Die Rückkehr Schweinsteigers weckt auch Erinnerungen an die vergangene Ära des Vereins. “Es war eine tolle Zeit”, kommentiert er selbst.

In seiner Generation ist er wohl einer der heimatverbundensten Spieler, im Ausland wird er teilweise sogar als deutsches Kulturgut gesehen. Servus, Kaiserschmarrn, der Junge in den Bergen – manches mag bei diesem Abschiedsspiel klischeehaft wirken, doch so ist das eben mit Klischees: Im Kern treffen sie zu, und Schweinsteiger übernimmt nicht nur die Rolle des Bayern-Prototypen, sondern er ist es auch. Noch immer. Vielleicht bleibt er es auch.

Das Allerwichtigste ist für ihn, “ein Beispiel für Jugendliche und Kinder zu sein, die Fußball spielen wollen. Oft bin ich in meiner Karriere hingefallen und musste danach einen steinigen Weg beschreiten, um nach oben zu kommen”.

Zudem wechselt er ab und zu Nachrichten mit den Ex-Kollegen Neuer und Müller. Mit seiner Familie, welche die Frau Ana Ivanovic und den gemeinsamen Sohn Luka einschließt, fühle er sich momentan in Chicago sehr wohl. “In München kann ich mich ohne Sonnenbrille und Cap nicht aus dem Haus bewegen. Hier im Normalfall schon. Meist erkennt man meine Frau häufiger als mich – aber sie ist auch ein bisschen hübscher”, sagte er im Interview. Noch immer sehe er sich als einen Botschafter des Klubs und nehmen sich auch in den USA viel Zeit für die Anhänger.

Schweinsteigers Tränen

Es ist schon das zweite Abschiedsspiel für Schweinsteiger – doch eigentlich will er noch ein paar Jahre Fußball spielen. 2016 wurde er vom DFB nach 121 Länderspiele aus der Nationalmannschaft verabschiedet. Heute, das nimmt Schweinsteiger fest an, werden seine Jahre beim FC Bayern wie ein Film vor ihm ablaufen: “Die Bilder erscheinen im Kopf, man kann die Augen nicht einfach schließen. Ich werde versuchen, es zu genießen. Doch ich weiß nicht, ob es nicht zu emotional sein wird.” So habe er vor dem DFB-Abschied unterschätzt, wie er reagieren könnte. Damals weinte Schweinsteiger.

Der “Fußballgott” meint, er möchte noch ein paar Jahre spielen. Zwei bis drei sollten noch gehen, findet er. Er fühle sich gut und sei jeden Tag beim Training. Besonders gut läuft es nicht mit Chicago, doch jemand, der in seiner Sportart fast alles erreicht hat, wird sich deswegen nicht verrückt machen. Er gehe die Sache entspannt an, gestand Schweinsteiger. Und betrachte sie von Saison zu Saison. Und was geschieht nach der Spielerlaufbahn? Dann wolle er zunächst runterkommen und sich mit der Familie ein wenig zurückziehen. Ich denke, irgendwann werden wir wieder nach Europa zurückkehren.