Extrem lange Nachspielzeiten: Das ist der Grund

Simon Schneider | am: 05.08.25
An den ersten Spieltagen der 2. Bundesliga und der 3. Liga ließen die Schiedsrichter auffällig lange nachspielen.

In der neuen Saison 2025/26 müssen sich Spieler, Trainer und Fans auf eine tiefgreifende Änderung im deutschen Profifußball einstellen: Die Nachspielzeiten werden deutlich länger. Der Auftakt in der 2. Bundesliga und der 3. Liga lieferte bereits einen ersten Vorgeschmack – und sorgte direkt für Diskussionen.

Grund für die verlängerten Nachspielzeiten ist eine neue Richtlinie der DFB Schiri GmbH, die sich stärker an der effektiv verlorenen Spielzeit orientiert. So sollen Unterbrechungen, wie etwa durch Auswechslungen, Tore oder VAR-Eingriffe, realitätsnäher in die Nachspielzeit einfließen – ähnlich wie es bereits bei der Weltmeisterschaft 2022 in Katar praktiziert wurde.

Es drohen Marathon-Nachspielzeiten als Standard

Ein besonders prägnantes Beispiel lieferte Arminia Bielefeld am ersten Spieltag der 2. Bundesliga. Trotz eines klaren 4:1-Vorsprungs gegen Fortuna Düsseldorf wurde die Partie noch um zehn Minuten verlängert – und Sam Schreck setzte in der siebten Minute der Nachspielzeit den 5:1-Schlusspunkt.

Trainer Mitch Kniat zeigte sich nach dem Schlusspfiff verwundert: „So richtig nachvollziehen konnte das wohl keiner. Ich hoffe, dass wir das noch genauer erklärt bekommen.“

Die Erklärung folgte durch die DFB Schiri GmbH: Ziel sei eine einheitliche, transparente Nachspielzeit, erklärte Alex Feuerherdt, Kommunikationschef der Organisation. Pauschal werden für Tore und Auswechslungen 30 Sekunden angerechnet.

Für VAR-Eingriffe, Verletzungsbehandlungen oder andere Störungen wird die tatsächlich verlorene Zeit durch den VAR-Assistenten erfasst – in direkter Abstimmung mit dem Hauptschiedsrichter.

Viele Tore in letzter Minute

Die neue Praxis hatte unmittelbare Auswirkungen: In der 2. Bundesliga wurde am ersten Spieltag – mit einer Ausnahme – in allen Partien der zweiten Hälfte mindestens fünf Minuten nachgespielt. Paderborn etwa erzielte in der neunten Minute der Nachspielzeit den Siegtreffer gegen Holstein Kiel.

Auch in der 3. Liga lagen die Nachspielzeiten deutlich über dem bisherigen Schnitt. Durchschnittlich 6,8 Minuten gab es dort obendrauf, und gleich mehrere Teams profitierten davon: Saarbrücken und Regensburg erzielten jeweils noch späte Ausgleichstreffer, Wehen Wiesbaden baute die Führung aus.

Fans der Bundesliga sollten sich also auf eine neue Realität einstellen, wenn am 22. August die erste Liga startet: Spiele werden öfter spät entschieden – und Zuschauer dürfen auch in Minute 98 noch auf Tore hoffen.

Transparenz durch Stadiondurchsagen

Neben den verlängerten Nachspielzeiten gibt es weitere Neuerungen: In allen Stadien der 1. und 2. Bundesliga werden künftig Entscheidungen des Schiedsrichters nach einem VAR-Eingriff über Lautsprecher bekanntgegeben. Dieses System wurde in der vergangenen Rückrunde in neun Stadien erfolgreich getestet und von Fans und Medien positiv aufgenommen.

In der Bundesliga kommt die Neuerung bereits ab dem ersten Spieltag zum Einsatz, in der 2. Liga ab Spieltag neun Mitte Oktober. Ziel ist es, Entscheidungen verständlicher und das VAR-System nachvollziehbarer zu machen.

Perspektive des Unparteiischen: Die RefCam kommt

Ein weiteres Projekt steht ebenfalls in den Startlöchern: Die sogenannte RefCam – eine kleine Kamera, die am Körper des Schiedsrichters befestigt ist – wird zukünftig häufiger eingesetzt. Zwar nicht live, aber als Teil von TV-Zusammenschnitten sollen Zuschauer dadurch exklusive Einblicke in die Sichtweise und Entscheidungsfindung des Unparteiischen erhalten.

Die neue Saison bringt also nicht nur auf dem Rasen, sondern auch in der Wahrnehmung des Spiels einige Umstellungen – mit spürbaren Folgen für Tempo, Dramaturgie und Transparenz im deutschen Profifußball.

Simon Schneider Seit etwa 15 Jahren ist Simon im Sportjournalismus aktiv. Seine Karriere begann bei einem Online-Portal und setzte sie anschließend als freiberuflicher Redakteur bei einem großen Sportverlag, der Sport-Revue, fort. Neben seinem umfassenden Fachwissen im Fußballbereich ist er besonders versiert in den Disziplinen Fußball, Esports und Skisport. In seiner aktuellen Position bei der Sp24 hat er sein Themenfeld um Tennis, MMA und Politik erweitert und ist für das aktuelle Nachrichtengeschehen verantwortlich.

Auch in der Redaktion ist Simon als vielseitiger Wett-Experte bekannt, der eine der höchsten Erfolgsquoten aufweist. mehr lesen