
Die deutsche Tennisspielerin Tamara Korpatsch gerät nach einer Niederlage in Warschau ins Fadenkreuz wütender Sportwetten-Nutzer – und wehrt sich öffentlich. Der Fall rückt erneut das gefährliche Verhältnis zwischen Tennis und Sportwetten in den Fokus.
Tamara Korpatsch, derzeit auf Platz 155 der Weltrangliste, hatte sich ihren Auftritt beim Challenger-Turnier in Warschau sicherlich anders vorgestellt. Nach einer klaren Zweisatz-Niederlage gegen die Chinesin Gao Xinyu sah sich die 30-jährige Hamburgerin nicht nur mit sportlicher Enttäuschung konfrontiert, sondern auch mit massiven Anfeindungen im Netz.
Hassnachrichten nach Niederlage
In ihrer Instagram-Story machte sie öffentlich, was viele Profis lieber verschweigen: Ein Nutzer hatte ihr nach dem Match den Tod gewünscht – offenbar aus Frust über eine verlorene Sportwette.
Mit deutlichen Worten konterte Korpatsch die Hassbotschaften. „Wenn ich so schlecht bin, wie ihr behauptet – warum setzt ihr dann überhaupt auf mich?“, schrieb sie. Ihre Botschaft an den Absender der Nachricht war ebenso unmissverständlich wie emotional: „Vielleicht solltest du dich lieber um dein eigenes Leben kümmern, anstatt auf den Tod anderer zu hoffen.“
Sportwetten als Brandbeschleuniger
Der Fall ist kein Einzelfall. Bereits im Juni hatte Korpatschs Kollegin Eva Lys öffentlich gemacht, wie sehr sie selbst regelmäßig unter Online-Hass leidet – und dabei eine klare Ursache benannt: Sportwetten. „Das ist die Realität für uns Spielerinnen. Die Leute schreiben mir, wie viel Geld sie durch mich verloren haben. Sie fordern das Geld zurück, beschimpfen einen, drohen einem. Morddrohungen, Sexismus, alles ist dabei“, so die deutsche Nummer drei im Interview.
Auch Deutschlands Topspieler Alexander Zverev hat sich bereits mehrfach über den digitalen Hass beklagt, dem Profis im Tennis ausgesetzt sind. „Was die Öffentlichkeit sieht, ist nur die Spitze des Eisbergs“, erklärte Zverev im Mai. „Viele Beleidigungen kommen über Direktnachrichten und andere versteckte Kanäle.“ Für die Sportler sei das eine enorme psychische Belastung – besonders bei schlechten Ergebnissen.
Ein strukturelles Problem im Tennis
Die jüngsten Vorfälle werfen ein grelles Licht auf ein strukturelles Problem: Tennis gilt als besonders anfällig für Wettmanipulationen und die negativen Begleiterscheinungen des Sportwettmarkts. Anders als in Mannschaftssportarten hängt der Ausgang eines Matches allein vom Verhalten eines einzigen Spielers oder einer Spielerin ab – was Manipulation nicht nur theoretisch leichter macht, sondern auch bei tatsächlichen Niederlagen schnell zu Verdächtigungen oder Frustreaktionen führt.
Immer wieder wurden in der Vergangenheit Fälle von Spielmanipulation im Tennis bekannt. Die Tennis Integrity Unit (TIU) – inzwischen in die International Tennis Integrity Agency (ITIA) überführt – hat zahlreiche Spieler auf verschiedenen Ebenen für Bestechlichkeit oder versuchte Spielmanipulation gesperrt. Besonders gefährdet sind Profis auf niedrigeren Ebenen der Rangliste, die geringere Preisgelder erhalten und dadurch für dubiose Angebote anfälliger sind.
Forderung nach besserem Schutz
Die Fälle um Korpatsch, Lys und Zverev zeigen, wie dringlich es ist, den Schutz von Spielerinnen und Spielern im digitalen Raum zu verbessern – und zugleich das System Sportwetten kritisch zu hinterfragen. Für Korpatsch steht jedenfalls fest: Sie will sich nicht einschüchtern lassen. „Ich lasse mir meine Freude am Sport von niemandem kaputtmachen“, erklärte sie zum Abschluss ihrer Botschaft.
Trotz aller Rückschläge zeigt die Reaktion der Hamburgerin eines deutlich: Dass Tennisprofis keine Projektionsfläche für gescheiterte Wetten sein dürfen – und dass es höchste Zeit ist, ihre Stimme gegen ein toxisches System zu erheben.