WM 2018: Merkels Fußball-Problem

Medien: DFB entscheidet sich für ein WM-Quartier in der Nähe von Moskau
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In Berlin steht man vor einem Dilemma – soll man die Weltmeisterschaft boykottieren oder nicht. Von den Regierungsvertretern aus Großbritannien und Island wurde angekündigt, die WM zu boykottieren zu wollen.

Ganz klar, auch Politiker wollen Weltmeister werden oder zumindest so nah wie möglich an den echten Weltmeistern sein. Denn so haben sie die Möglichkeit wenigstens ein wenig im Glanz des Pokals mit zu leuchten. Ihre Reise zum WM-Endspiel 2014 in Brasilien bezeichnete Bundeskanzlerin Angela Merkel als ein „tolles Erlebnis“. Als das Entscheidende 1:0 gegen Argentinien fiel, sprangen sie und der damalige Bundespräsident Joachim Gauck von den Sitzen und haben später aufgekratzt in den Mannschaftsräumen mit der Nationalmannschaft „gesungen, gefeiert und Fotos gemacht“. Das berichtete Teammanager Oliver Bierhoff und er fügte hinzu, dass in dem Moment alle Protokollarien vergessen wurden.

Eines ist wenige Wochen vor dem Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland bereits klar: Die deutschen Spitzenpolitiker werden sicherlich nicht so unbeschwert in den Umkleidekabinen feiern, wie in Brasilien. Für Merkel stellt die WM ein Politikum dar und ein Regierungssprecher beantwortet die Frage darauf, ob die Kanzlerin nach Russland reise mit vagen Worten. So heißt es, dass solche Entscheidungen immer zeitnah getroffen würden. Auch das Büro von Bundespräsident Steinmeier zeigt sich zugeknöpft und es heißt, dass es derzeit keinerlei konkrete Planungen für eine weitere Reise nach Russland für den Bundespräsidenten gebe.

Keine Trennung bei Sport und Politik

Normalerweise steht die Haltung der deutschen Diplomatie fest: Sport ist Sport und Politik ist Politik. Doch nicht für Russland. Denn die obersten deutschen Politiker ignorierten bereits die Olympischen Spiele 2014 in Sotschie, wobei von Russland diese Haltung als Arroganz angesehen wurde. Das politische Klima ist inzwischen noch weiter abgekühlt. Das zeigt der Fall Skripal, die gegenseitige Ausweisung der Diplomaten sowie die Kriege in Syrien und der Ukraine. So ist es nur sehr schwer vorstellbar, dass sich in dieser Krise die westlichen Staatschefs auf der Tribüne von Putin zeigen.

Der Cheforganisator der WM, Alexej Sorokin erklärt, dass Fußball außerhalb der Politik spielt. Vom ihm werden die Überlegungen das Turnier zu boykottieren im ZDF kritisiert.

Er bedauert, dass einige politische Mandatsträger das grundlegende Prinzip des Fußballs missachten. Zur WM seien alle eingeladen und dabei sei es egal woher die Besucher kommen und welchen Beruf sie nachgehen. Sorokin erklärte, dass sich die Ticketverkäufe sehr positiv entwickeln und man erfreut sei, dass Deutschland unter den Top fünf der Ticketkäufer sei.

Es ist fragwürdig, ob ein Boykott ein diplomatischer Gewinn ist

Der Osteuropa-Experte der Grünen, Manuel Sarrazin fordert, dass die Bundesregierung die WM boykottieren und ihr fern bleiben soll. Er ist der Ansicht, dass nur der Sportminister hinfahren sollte, denn bei der WM in Russland handelt es sich um eine andere, wie sonst. Des Weiteren empfiehlt er, dass einfache Abgeordnete ihre Reise mit Aktionen für die Zivilgesellschaft verbinden sollten – bspw. ein Besuch bei politischen Gefangenen. Vonseiten der AfD und der Linkspartei gibt es gegenteilige Forderungen. Auch SPD und CDU/CSU spalten sich hier mit ihren Meinungen.

Kurz und gut, die Bundesregierung befindet sich in einem Dilemma. Was passiert, das wird sich in den kommenden zwei Monaten zeigen.