
Die Initiative “Aufstiegsreform 2025” gewinnt bundesweit an Unterstützern – mit Ausnahme der Regionalliga Südwest. Während zahlreiche Traditionsklubs aus anderen Teilen Deutschlands für eine grundlegende Neustrukturierung der vierten Liga plädieren, hält sich der Südwesten auffällig zurück. Die Gründe liegen in regionalen Eigeninteressen und strukturellen Vorteilen. Immer realistischer erscheint derweil die Idee einer zweigleisige Regionalliga, quasi eine 4. Liga.
Das Projekt “Aufstiegsreform 2025” hat in den vergangenen Monaten beachtlich an Fahrt aufgenommen. Was einst im Nordosten begann, hat längst nationale Dimensionen erreicht. Neue Unterstützer wie der 1. FC Magdeburg, der FC Schalke 04, Schwaben Augsburg und der 1. FC Schweinfurt 05 zeigen, dass das Thema Aufstieg aus der Regionalliga auch überregionale Relevanz besitzt.
Auffällig ist jedoch: Kein einziger Klub aus der Regionalliga Südwest steht bislang hinter der Reform-Initiative. Das liegt nicht an Desinteresse – sondern an grundsätzlichen Bedenken gegenüber den bisher diskutierten Plänen.
Hessische Klubs gegen “Zwangsversetzung”
Insbesondere eine Idee sorgt für Unmut im Südwesten: Die hessischen Vereine sollen künftig im Nordosten antreten – mit Auswärtsspielen in Berlin oder Brandenburg. Für viele Klubs ist das nicht praktikabel.
„Dass hessische Teams plötzlich in die Nordost-Staffel verlegt werden sollen, stößt bei uns auf breite Ablehnung“, erklärt Giuseppe Lepore, Geschäftsführer des TSV Steinbach Haiger. Unterstützung erhält er von Christian Hock, Geschäftsführer der Kickers Offenbach: „Ich halte diese Idee für schlichtweg absurd. Niemand von uns kann ernsthaft vier oder fünf Reisen nach Berlin pro Saison rechtfertigen.“
Auch Michael Görner, Präsident des FSV Frankfurt, betont die wirtschaftlichen Folgen einer solchen Umverteilung: „Die damit verbundenen Reisekosten wären für uns nicht zu stemmen.“
Im Südwesten sieht man wenig Handlungsbedarf
Ein weiterer Grund für das Zögern liegt in der aktuellen Aufstiegsregelung: Während andere Regionalliga-Meister um die Teilnahme an Relegationsspielen bangen müssen, darf der Meister der Regionalliga Südwest direkt in die 3. Liga aufsteigen. Emir Cerkez vom SGV Freiberg bringt es auf den Punkt: „Wer Meister wird, sollte aufsteigen. Aber wenn das bei uns ohnehin gegeben ist, ist der Reformdruck geringer.“
Christian Hock geht sogar noch weiter und lobt die Südwest-Staffel als vorbildlich: „Unsere Liga ist gut organisiert, strukturell stabil und finanziell solide. Im Gegensatz zu anderen Staffeln, in denen Insolvenzen die Regel sind, funktioniert der Südwesten.“
Reformvorschläge: Regionalliga mit nur zwei Staffeln?
Ganz ohne Reformideen bleibt aber auch der Südwesten nicht. So bringt Hock eine zweigleisige vierte Liga ins Gespräch – vorausgesetzt, alle teilnehmenden Vereine erfüllen die Anforderungen an Infrastruktur und Finanzen. FSV-Präsident Görner warnt allerdings davor, dass eine Umstrukturierung die Attraktivität der Regionalliga verringern könnte.
Andreas Trageser vom FC Bayern Alzenau hat eine grundlegendere Idee: „Ich würde die 3. Liga zweigleisig gestalten und darunter drei Viertligastaffeln ansiedeln. Die jetzige Pyramide ist nicht mehr zeitgemäß.“ Emir Cerkez von der SGV Freiberg schlägt vor, auf vier Regionalligen zu reduzieren. Die Kombination von Baden-Württemberg und Bayern zu einer Staffel würde er sogar begrüßen: „Das würde uns sportlich und finanziell weiterhelfen.“
Initiative bleibt offen für Kompromisse
Sprecher Tommy Haeder zeigt sich angesichts der Zurückhaltung des Südwestens verständnisvoll. Für ihn ist das Zögern kein kategorisches Nein, sondern ein Zeichen der Vorsicht: „Wir erkennen an, dass es sich um einen komplexen Prozess handelt. Unser Ziel ist es, gemeinsam mit allen Beteiligten zu einer fairen, nachhaltigen Lösung zu kommen.“
Dabei betont Haeder, dass noch keine endgültige Struktur festgelegt sei. Das derzeit kursierende Modell – Hessen zum Nordosten, Baden-Württemberg mit Bayern, der Rest zum Westen – sei nur ein Szenario von vielen. „Die Debatte ist vielschichtiger als eine reine geografische Neuaufteilung“, so Haeder.
Wer muss am Ende verzichten?
FCB-Alzenau-Präsident Trageser fordert, dass auch die nordostdeutschen Vereine zu strukturellen Zugeständnissen bereit sein sollten, wenn sie sich eine Reform wünschen. Dabei erinnert er an ein Modell aus dem Jahr 2019: Klubs aus Sachsen und Thüringen könnten zur Regionalliga Bayern wechseln, der Rest des NOFV mit der Regionalliga Nord fusionieren. Derzeit genießt dieses Szenario allerdings wenig Aufmerksamkeit.
Zugleich wird innerhalb der Initiative diskutiert, welche Rolle die vierte Liga künftig spielen soll: Bleibt sie eine Amateurklasse oder entwickelt sie sich perspektivisch in Richtung Halb- oder Vollprofitum? Eine einheitliche Antwort gibt es bisher nicht.
Entscheidung frühestens 2026
Ungeachtet der vielen Modelle und Meinungen verfolgt die Initiative einen klaren Fahrplan: Auf dem DFB-Bundestag 2025 soll eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden, die ein verbindliches Reformmodell ausarbeitet. Ein Jahr später könnte dieses Modell auf einem außerordentlichen Bundestag verabschiedet werden – mit Umsetzung zur Saison 2027/28.
Ob sich bis dahin auch der Südwesten an Bord der Reformbewegung begibt, ist offen. Klar ist: Die Debatte ist in vollem Gange. Und sie wird wohl noch einige hitzige Diskussionen nach sich ziehen. Ein erstes Stimmungsbild könnte bereits die kommende Sitzung aller Regionalliga-Südwest-Klubs in Karlsruhe liefern. Dort wird sich zeigen, ob der Wind nun langsam auch aus dem Südwesten in Richtung Reform weht.