Dortmunds Sportdirektor Michael Zorc hat 20 Jahre als Spieler und weitere 20 Jahre als Funktionär für den BVB auf dem Buckel, der 56-Jährige dürfte fast 1.000 Spiele im altehrwürdigen Westfalenstadion erlebt haben. Am Samstag nach dem atemberaubenden Heimspiel gegen den FC Augsburg stellte Zorc dann fest: “Wie das Stadion ab der 90. Minute gekocht hat, das gab es lange nicht mehr.” An diesem Statement lässt sich ermessen, wie emotional das 4:3 gegen die Fuggerstädter war. Mann des Spiels war zweifellos Paco Alcacer.
Als Nachspielzeit waren eigentlich nur fünf Minuten angezeigt, aber wegen diverser Unterbrechungen in der Schlussphase und dem penetranten Zeitspiel der Augsburger legte Schiedrichter Schmidt noch eine Minute oben drauf. Zu diesem Zeitpunkt stand es nach einem wilden Spiel 3:3. Nach einem Foul von Cordova gab es dann noch einmal Freistoß für den BVB aus etwa 25 Metern, die allerletzte Aktion der Partie. Der eingewechselte Guerreiro stand eigentlich schon bereit, um den Ball mit links vor das Augsburger Tor zu flanken.
Feuerwerk der Emotionen in Dortmund
Doch plötzlich tauchte Paco Alcacer auf, warf Guerreiro einen vielsagenden Blick zu und nahm Anlauf. Augsburgs Keeper Luthe hatte fest mit einer Flanke gerechnet und wurde völlig auf dem falschen Fuß erwischt. Der Schuss von Alcacer schlug im Kasten ein – und das Stadion mit 81.365 Zuschauern explodierte. Selbst der sonst so introvertierte Trainer Lucien Favre lief mit ausgebreiteten Armen auf das Feld, die gesamte BVB-Mannschaft – inklusive der Ersatzspieler und Torwart Bürki – warf sich zeitgleich auf den Torschützen. Es war ein Feuerwerk der Emotionen, eine tiefgehende Gänsehaut-Atmosphäre. Die schweiß- und biergebadete Südtribüne besang den BVB vor lauter Glückseligkeit schon als kommenden Deutschen Meister.
Erinnerungen an die Meisterjahre werden wach
Und in der Tat: Was sich da am Samstag im Dortmunder Fußball-Tempel abspielte, erinnerte auf eine gewisse Art und Weise an die goldenen Jahre unter Trainer Jürgen Klopp. Nach dem Pokalspiel in Fürth und den Ligapartien gegen Leipzig und Leverkusen hatte der BVB zum vierten Mal in dieser Saison einen Rückstand in einen Sieg verwandelt. Und dabei stand gegen Augsburg mit einem Durchschnittsalter von 23,5 Jahren die jüngste Dortmunder Anfangself seit November 2011 auf dem Platz.
Alcacer stellt sogar das Götze-Comeback in den Schatten
Dass der eingewechselte Mario Götze zu seinem ersten Ligaeinsatz kam und prompt ein herrliches Tor erzielte, geriet fast zur Nebensache angesichts des Auftritts von Paco Alcacer. Der Stürmer wurde eine halbe Stunde vor Schluss eingewechselt und entschied mit drei (!) Toren das Spiel. Es war schon sein sechstes Saisontor in der Bundesliga – in insgesamt nur 81 Minuten Spielzeit. Das ist absoluter Rekord und mit Worten kaum zu beschreiben.
Nächstes Spiel in Stuttgart: BVB ist Favorit
Jetzt ist erstmal Länderspielpause – und das findet Michael Zorc ganz gut so: “Wir müssen uns alle mal erholen und ein bisschen Abstand gewinnen. Der Saisonstart war phänomenal.” Das kann man wohl so sagen. Die Borussia führt die Tabelle jetzt mit vier Punkten Vorsprung an. Am 20. Oktober geht's dann zum VfB Stuttgart, der dann mit einem neuen Trainer antreten dürfte. Keine leichte Aufgabe für den BVB, der bei Betsson mit einer Quote von 1,91 trotzdem der Favorit ist.