Eines muss man ihm lassen: Schalkes Trainer Domenico Tedesco scheut sich nicht vor unpopulären Entscheidungen. Am Sonntag setzte beim Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg völlig überraschend den Kapitän und langjährigen Stammtorwart Ralf Fährmann auf die Bank. Stattdessen stand der erst 22 Jahre alte Alexander Nübel zwischen den Pfosten – und lieferte eine blitzsaubere Partie ab. Geht die Ära Fährmann auf Schalke damit zu Ende?
Als Domenico Tedesco im Jahr 2017 seinen Dienst als Schalke-Coach antrat, sorgte er gleich für einen Paukenschlag. Der damalige Kapitän, Publikumsliebling und Weltmeister von 2014 – Benedikt Höwedes – wurde aussortiert und ziemlich unschön vom Hof gejagt (“Reisende soll man nicht aufhalten”). Es folgte eine kleine Schlammschlacht, aber Ende setzte sich der junge Coach durch.
Naldo sah keine Perspektive mehr
In dieser Saison wurde der ehemalige Abwehrchef Naldo zum nächsten Opfer des Trainers. Der brasilianische Routinier hatte in der Vorsaison noch maßgeblichen Anteil an der sensationellen Vizemeisterschaft des FC Schalke und wurde von den Bundesliga-Kollegen sogar zum besten Spieler der Saison gewählt. Plötzlich spielte Naldo bei Tedesco keine Rolle mehr, der 36-Jährige flüchtete in der Winterpause zu AS Monaco.
Fährmann ist ein echtes Schalke-Idol
Nun also Ralf Fährmann. Im aktuellen Kader von Schalke 04 gibt es wohl keinen Spieler, der sich mehr mit dem Club und seinen Fans identifiziert als der 30-jährige Torwart. Viele Experten hatten Bundestrainer Joachim Löw noch im Sommer ans Herz gelegt, den Schalker Schlussmann als dritten Keeper mit zur WM zu nehmen. Fährmann galt als leuchtendes Beispiel für Zuverlässigkeit und Konstanz.
“Kopf nicht frei”
In der vergangenen Hinrunde zeigte die Formkurve des Keepers allerdings steil nach unten. Das hat offenbar auch Domenico Tedesco zu Denken gegeben: “Es gab aus der Hinrunde einige Erkenntnisse, die ich erstmal sacken lassen musste. In den letzten Spielen hatte Ralf einige Unsicherheiten dabei. In der Summe hatten wir das Gefühl, dass bei ihm der Kopf nicht frei ist”, so Tedesco nach der Partie.
Fährmann bleibt Kapitän
Der Trainer sprach von schlaflosen Nächten vor der Entscheidung. Ihm sei natürlich bewusst, dass dies ein extrem emotionales Thema sei, dass im gesamten Verein kontrovers diskutiert werde. Tedesco lobte Fährmann als “super Typen”, der die schlechte Nachricht äußerst professionell aufgenommen und sich sofort wieder in den Dienst der Mannschaft gestellt habe. Eine Absetzung Fährmanns als Kapitän stünde überhaupt nicht zur Debatte.
Tedesco sprach auch mit Stevens
Eingeweiht in die Entscheidung waren offenbar auch Sportvorstand Christian Heidel und mehrere Gremien des Vereins. Tedesco habe explizit auch Huub Stevens – den Schalker “Jahrhundertrainer und Mitglied des Aufsichtsrats – um seine Einschätzung gebeten. Tedesco betonte aber auch, dass er letztlich natürlich alleine verantwortlich für die Aufstellung sei.
Nübel ist die neue Nummer eins
Ob Fährmann in der Rückrunde noch einmal ins Schalker Tor zurückkehrt, scheint im Augenblick mehr als fraglich. Sein junger Stellvertreter Alexander Nübel machte gegen den VfL Wolfsburg eine sehr starke Partie und stärkte seinem Trainer damit den Rücken. Schon nach fünf Minuten hatte der Keeper einen Kopfball von Mehmedi überragend pariert, auch danach war Nübel beim so wichtigen 2:1-Sieg ein sicherer Rückhalt.
Am Freitag auswärts bei Hertha BSC
Auch beim nächsten Spiel wird Alex Nübel wieder im Schalker Tor stehen, dann will der S04 seinen Aufwärtstrend bestätigen. Leicht wird die Aufgabe sicher nicht, denn zum Auftakt des 19. Spieltags tritt Schalke am Freitagabend bei Hertha BSC an. Die Berliner sind traditionell sehr heimstark und konnten schon das Hinspiel auf Schalke gewinnen.
Etwas überraschend sind die Königsblauen bei Wetten.com trotzdem knapp in der Favoritenrolle: Wer auf Schalke setzt, kann eine Quote von 2,70 abstauben.
