Was für die deutsche Nationalmannschaft als unangenehmer Fehltritt auf dem Weg zur Meisterschaft war, gilt beim Gegner eher als historischer Fußball-Erfolg. Große Vergleiche ziehen ihre Kreise. Feiern tut man vor allem einen Deutschen.
Österreich erbaut sich einen Mythos. Mit 2:1 schaffte es der Außenseiter, gegen Deutschland zu gewinnen und berauschte sich anschließend am Erfolg des eigenen Sieges gegen den übermächtigen Nachbarn. Dass der Gegner sich zuvor in einem kräftezehrenden Trainingslager befunden hatte und die halbe Stammelf nicht am Start gewesen war, wollte niemand so recht beachten.
„Wir haben immerzu Córdoba, Córdoba gehört“, meinte Marko Arnautovic am Samstag Abend im österreichischen Flaggenmehr des Wörthersee-Stadions: „Jetzt muss es Klagenfurt heißen! Wir brachten Córdoba zur Ruhe.“
Das kleine Land Österreich hatte tatsächlich den großen Fußball-Meister Deutschland bezwungen. In diesem Jahrtausend ist das zum ersten Mal vorgekommen, zuletzt geschah es vor 32 Jahren. Zwar war es nur im Testspiel und nicht wie zuletzt 1978 in Argentinien bei der Weltmeisterschaft – doch auch diesen Umstand blendete man in der Alpenrepublik schnell aus.
Zu lange hatte man das „Wunder von Córdoba“ bereits als Synonym für österreichische Siege gegen Deutschland genommen – ganz unabhängig von der Sportart. Jetzt könnte sich ein neuer Begriff dafür etablieren: Klagenfurt. Zweifellos wird der 2. Juni 2018 als Feiertag des Fußballs in die Geschichte eingehen: „Vielen Dank für diesen historischen Sieg“, hieß es auf der Titelseite der „Kronen Zeitung“. Endlich konnte Österreich nach neun Niederlagen in Folge wieder einen Sieg feiern, und dann auch noch gegen die großen Nachbarn. Zuletzt ist dieser Fall 1986 eingetreten.
Trainer Foda erreicht neuen Rekord
Es ist ausgerechnet ein Deutscher, nämlich Nationaltrainer Franco Foda, der ausgelassen jubelte, die Freude heraus schrie und seine Hände zu Fäusten ballte. „Es wurde auch langsam Zeit. Ich bin sehr glücklich, gegen die Deutschen gewonnen zu haben“, sagte der erste ÖFB-Trainer aus Deutschland.
Immer mehr entwickelt sich der gebürtige Mainzer zum Glücksgriff. Mit fünf Siegen innerhalb der ersten fünf Spieler stellte er sogar einen Rekord auf. Zudem feierte die österreichische Mannschaft den sieben Sieg hintereinander, das war zuletzt nur der legendären Wundermannschaft von 1933 bis 1934 gelungen.
„Natürlich werden einige sagen, dass Deutschland nicht mit ihrer besten Elf gespielt hat, um Verletzungen vorzubeugen, dennoch sind es die Deutschen“, erklärte Star-Spieler Arnautovic: „Sollten wir so weitermachen, sieht es für kommende Turniere gar nicht mal schlecht aus.“
Den Titel bei der eigenen „Mini-WM“ kann man den Österreicher eigentlich nicht mehr nehmen. Nach den Testspiel-Siegen gegen den Gastgeber Russland (1:0) sowie den Weltmeister Deutschland (2:1) wird kommenden Sonntag der Rekordweltmeister Brasilien zu Gast sein. Auch dann ist wieder mit spannenden Ergebnissen zu rechnen. Zuletzt konnten die Brasilianer allerdings nicht überzeugen, sodass auch hier Chancen für die Österreicher offen liegen.
Für die anstehende WM in Russland, die vom 14. Juni bis 15. Juli abgehalten wird, haben die Österreicher allerdings keine Wahl als zuzusehen. Denn die Qualifikation haben sie leider verpasst. Erst zur EM 2020 wird die Teilnahme an einem großen internationalen Turnier wieder möglich. Der jüngste Sieg gegen Deutschland stellt hingegen einen schönen Trost für die nächsten Monate dar, vielleicht sogar für ein paar Jahre.