CL-Finale: Sichert sich Jürgen Klopp im zweiten Anlauf den Henkelpott?

Jürgen Klopp Liverpool
Abb. Jürgen Klopp – Der FC Liverpool ist ungeschlagen

Es ist angerichtet. Der Samstag, 26. Mai steht ganz im Zeichen des Endspiels in der Champions League. Im OIympiastadion von  Kiew trifft Titelverteidiger Real Madrid auf den FC Liverpool mit seinem deutschen Trainer Jürgen Klopp. Wir blicken voraus und vergleichen die beiden Teams. Neutrale Fußballfans können sich womöglich auf ein fantastisches Spiel freuen.

Real Madrid möchte als erstes Team seit dem FC Bayern München (1974 bis 1976) dreimal in Folge die Champions League gewinnen. Zum vierten Mal innerhalb der letzten fünf Jahre steht Real im Endspiel. In Kiew könnten die „Königlichen“ ihren insgesamt 13. Titel in der Königsklasse einfahren. Einsame Spitze. Der FC Liverpool steht erstmals seit 2007 wieder im Finale (1:2 gegen den AC Mailand). Jürgen Klopp verlor in seiner Trainer-Karriere bisher zwei internationale Finals: 2013 das Champions-League-Finale mit Dortmund gegen Bayern München (1:2) und 2016 mit dem FC Liverpool in der Europa League gegen den FC Sevilla (1:3). Liverpool gewann die Königsklasse bisher fünf Mal.

Real Madrid : Der Weg ins Finale

Die Elf von Trainer Zinedine Zidane qualifizierte sich lediglich als Gruppenzweiter für das Achtelfinale. In der Gruppenphase gab es Siege gegen APOEL Nikosia (3:0 und 6:0) und Borussia Dortmund (3:1 und 3:2). Gegen Tottenham Hotspur hatten Ronaldo und Co allerdings Probleme (1:1 und 1:3).

Real musste deshalb im Achtelfinale gegen einen Gruppensieger ran. Somit kam es zum Gipfeltreffen mit Paris Saint-Germain. Die Madrilenen bewiesen ihre Klasse und setzten sich souverän mit 3:1 und 2:1 durch. Das Viertelfinale gegen Juventus Turin sah zunächst nach einer klaren Angelegenheit aus. In Turin gewann Madrid mit 3:0 – Cristiano Ronaldo traf mit einem atemberaubenden Fallrückzieher. Sogar die Juve-Fans spendeten Applaus. Im Rückspiel drehte die „Alte Dame“ jedoch auf und schaffte es, das 0:3 zu egalisieren. Bis in die Nachspielzeit. „CR7“ traf per Elfmeter zum 1:3, nachdem Torhüter Gianluigi Buffon nach einer Schiedsrichterbeleidigung vom Platz geschickt wurde. Im Halbfinale bekam es Real Madrid mal wieder mit dem FC Bayern München zu tun. Die Bayern spielten teilweise sehr stark, die Elf von Trainer Zidane erwies sich aber als die cleverere Mannschaft. In München gelang ein 2:1-Sieg, zu Hause spielte man 2:2. Damit stand Real erneut im Finale.

FC Liverpool : Der Weg ins Finale

Dass Liverpools besondere Qualitäten in der Offensive liegen, bewiesen sie bereits in der Qualifikationsrunde. Gegen die TSG Hoffenheim konnte sich die Elf von Trainer Jürgen Klopp klar mit 2:1 und 4:2 durchsetzen. In der Gruppenphase feierte Liverpool drei überragende Siege (7:0 gegen Spartak Moskau und NK Maribor, 3:0 gegen Maribor) und spielte drei Mal Remis (2:2 und 3:3 gegen den FC Sevilla, 1:1 gegen Moskau). Als Gruppenerster und ungeschlagen zogen die „Reds“ damit in das Achtelfinale ein.

Auch in der Runde der besten Sechzehn kam die Offensive wieder mächtig in Schwung. Beim FC Porto triumphierte der FC Liverpool mit 5:0. Im Rückspiel reichte ein lockeres 0:0 zum Einzug in das Viertelfinale. Dort kam es zum englischen Duell mit Manchester City. Die Mannen von Trainer Klopp brillierten in beiden Spielen. An der heimischen Anfield Road gelang ein 3:0, in Manchester ein 2:1. Im Halbfinale kam es zum Aufeinandertreffen der Überraschungsteams: FC Liverpool gegen den AS Rom. Die „Reds“ spielten die Römer im Hinspiel vor heimischem Publikum regelrecht an die Wand. Bis kurz vor Schluss stand es 5:0, als sich Liverpool noch zwei unnötige Gegentore fing. Im Rückspiel ließen die Liverpooler aber keine Zweifel aufkommen, dass sie weiterkommen würden. Zur Pause führten sie in Rom mit 2:1. Erst in den Schlussminuten wurde das Match noch 4:2 verloren. Dennoch reichte es für das Endspiel.

Der direkte Vergleich der Teams

Zum sechsten Mal treffen der FC Liverpool und Real Madrid aufeinander. Drei Duelle wurden vom FC Liverpool gewonnen, drei Mal siegte Real Madrid. 2018 ist Real Madrid favorisiert. Doch wir machen den Check – wer ist auf welchen Positionen besser besetzt?

TOR

Loris Karius kam 2016 aus Mainz nach Liverpool und verlor seinen anfänglichen Stammplatz an Simon Mignolet. In dieser Spielzeit kämpfte er sich zurück und hielt sechsmal die Null in der Champions Leauge. Dennoch zeigt der Blondschopf immer wieder Unsicherheiten. Im Halbfinal-Hinspiel gegen Rom hatte er in der ersten Halbzeit bei einem Lattenschuss mächtig Glück, im Rückspiel hätte es nach einem klaren Karius-Foul eigentlich Elfmeter für die Römer geben müssen.

Auch Keylor Navas von Real Madrid musste in dieser Spielzeit immer wieder Kritik einstecken. Doch wenn es darauf ankam, spielte der Costa Ricaner stark auf. Im Halbfinale gegen die Bayern zeigte er einige Weltklasse-Paraden.

Fazit: Vorteil Real Madrid.

ABWEHR

Virgil van Dijk ist der teuerste Abwehrspieler aller Zeiten. Der FC Liverpool überwies für den Niederländer im Winter 84 Millionen nach Southampton. Der Hüne hat die Defensive stabilisiert, die aber dennoch immer wieder wackelt. Vor allem Dejan Lovren leistet sich immer wieder grobe Schnitzer. Der erst 19-jährige Trent Alexander-Arnold ist ein außergewöhnliches Talent, das allerdings noch zu Leichtsinnsfehlern neigt. Alles in allem ist Liverpools Abwehr eigentlich nicht die eines Champions-League-Siegers.

Auf den defensiven Außenbahnen ist kein Team besser besetzt als Real Madrid. Marcelo über links, Dani Carvajal über rechts, Weltklasse. Sergio Ramos ist der vielleicht beste Abwehrspieler der Welt. Neben ihm hat sich Raphael Varane deutlich stabilisiert.

Fazit: klarer Vorteil Real Madrid.

MITTELFELD

James Milner ist ein Trainerliebling. Der Engländer ackert und rackert im Mittelfeld der „Reds“, bis er umfällt. Milner ist ein ganz wichtiger Baustein im Pressing-System von Trainer Klopp. Daneben sollen Jordan Henderson und Georginio Wijnaldum für Stabilität und Aggressivität sorgen.

Die Zentrale von Real Madrid sucht weltweit seines Gleichen. Weltmeister Toni Kroos ist der Dreh- und Angelpunkt im Spiel der „Königlichen“. Luka Modric ist der kongeniale Spielgestalter. Der Brasilianer Casemiro sorgt für Ordnung und spielt eine überragende Saison. Hinzu kommt Isco, dessen Formkurve wieder deutlich nach oben zeigt.

Fazit: klarer Vorteil Real Madrid.

ANGRIFF

Die Offensive ist das Prunkstück des FC Liverpool. Kein Team erzielte je mehr Tore in einer Champions-League-Saison. Im Sturm wirbeln Sadio Mané, Roberto Firmino und der alles überragende Mohamed Salah. Zusammen erzielte das Trio sage und schreibe 29 Tore.

Er ist mehrfacher Weltfußballer, Europameister und holte mit Real Madrid alle Titel, die es zu gewinnen gab. Cristiano Ronaldo ist das Gesicht des Erfolges bei Real Madrid. Niemals satt, spektakulär, teilweise etwas unsympathisch und dennoch genial. Nach schwächerer Hinrunde blühte er zuletzt wieder auf und schoss Tor um Tor. In der laufenden Champions-League-Saison sind es schon 15 Treffer. Der Waliser Gareth Bale ist derzeit nur Joker. Der oft kritisierte Karim Benzema schoss den FC Bayern München fast im Alleingang ab.

Fazit: Vorteil FC Liverpool.

TRAINER

Jürgen Klopp und der FC Liverpool stehen für Pressing und spektakulären Angriffsfußball. Der deutsche Coach hat nach Mainz 05 und Borussia Dortmund nun auch den FC Liverpool besser gemacht. Das Endspiel der Champions League ist kein Zufall.

Zinedine Zidane führte Real Madrid sofort zu zwei Triumphen in der Königsklasse. Der Franzose lässt flexibel spielen und setzt auf Unberechenbarkeit. Der ehemalige Weltfußballer und Spieler von Real weiß, wie man Finals gewinnt. Die Erfolge und die Erfahrungen sprechen für ihn.

Fazit: Unentschieden. Hier treffen zwei der besten Trainer der Welt aufeinander.

Die Defensive ist die Schwachstelle des FC Liverpool. Leisten sich gewisse Spieler wieder entscheidende Fehler, dürfte es eine klare Angelegenheit für Real Madrid werden. Allerdings ist die Offensive der „Reds“ extrem stark. Durchaus möglich, dass uns ein Spiel mit vielen Toren erwartet. Madrid ist Favorit, doch wenn Liverpool seine offensive Power auch Real aufzwingen kann, ist alles möglich.

Die Stimmen vor dem Spiel

Liverpool-Torhüter Loris Karius sagte im Interview mit „Sky“: „Klar, Real hat Weltklasse-Spieler, aber ich denke als Team sind wir eingeschworener und können da mehr über uns hinauswachsen“, so der Torwart. „Wir arbeiten extrem viel, das will der Trainer auch so, und alle ordnen sich dem Erfolg unter. Das sieht man auch auf dem Platz. Da gibt's keine Egoisten, wir ziehen an einem Strang und kommen über unseren Willen, unsere Mannschaftsleistung und haben dann auch noch Weltklasse-Spieler, die in verschiedenen Momenten den Unterschied ausmachen können.“ Und was der Coach? „Ins Finale einzuziehen, ist super. Aber es zu gewinnen, ist besser“, so Trainer Jürgen Klopp, der seinen ersten europäischen Titel mit dem FC Liverpool einfahren möchte.

„Wir kommen mit großem Hunger nach Kiew“, so Reals Toni Kroos im Vorfeld des Finals. „Das ist mein viertes Finale, und ich habe noch mehr Hunger als beim ersten“, sagte gar Dani Carvajal. Real-Coach Zidane echauffierte sich in der Pressekonferenz über einen Journalisten, der fragte, ob Liverpool mehr Hunger auf den Titel habe. „Wir weniger Hunger als andere? Wie kann man so etwas behaupten?“ Neben der individuellen Klasse seines Teams setzt Zidane auch auf den Faktor Teamgeist im Finale: „Sonst kannst du nicht dauerhaft Titel gewinnen“, so der Trainer. Auch Abwehr-Chef Sergio Ramos betont den guten Spirit: „Wir hatten immer viele Stars, aber auch komplizierte Zeiten mit einer zerstrittenen Kabine. Jetzt gibt es einen sehr, sehr guten Teamgeist“.

Die Formkurve der Teams

Der FC Liverpool gewann nur zwei der letzten sechs Begegnungen in der Premier League. Der Fokus richtete sich mehr und mehr auf die Champions-League-Spiele, die schließlich sehr überzeugend gespielt wurden. In der Liga hat es nach dem 0:1 gegen Chelsea Sorgen gegeben, die Champions League würde verpasst werden. Doch am letzten Spieltag wurde der vierte Platz durch ein 4:0 gegen Brighton & Hove Albion gesichert. Das letzte Pflichtspiel liegt damit aber schon zwei Wochen zurück. Eine ungewohnt lange Zeit für englische Verhältnisse.

Dies sieht bei Real Madrid anders aus. Die „Königlichen“ spielten am vergangenen Samstag am letzten Spieltag von „La Liga“ 2:2 gegen den FC Villareal. Davor verloren „CR7“ und Co mit 2:3 gegen den FC Sevilla und spielten im „Clasico“ 2:2 gegen den FC Barcelona. Dazwischen lag aber auch ein 6:0 gegen Celta Vigo. Real missglückte am Samstag zwar die Generalprobe – andererseits lag der Fokus der Madrilenen wohl auch schon auf dem Endspiel in der Champions League.