Das Erdogan-Foto belastet den DFB nach wie vor

Verlässt Mesut Özil Arsenal in Richtung Manchester United?
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Wahrscheinlich wird das Treffen Özils und Gündogans mit dem Präsidenten der Türkei die deutsche Nationalmannschaft auch bei der WM belasten. Eine nachhaltige Wirkung der Fotos ist zu spüren.

Das letzte Testspiel Deutschlands gegen Saudi-Arabien soll ein rauschendes Fest werden. Damit die Vorfreude bei der Fußballfamilie und Fangemeinde in Deutschland noch schneller größer wird, hat man sich beim Deutschen Fußball-Bund etwas ganz Besonderes ausgedacht: „Jugendliche und Kinder dürfen an diesem Tag das Spiel der Mannschaft für gerade mal fünf Euro sehen“, sagte Reinhard Grindel, Präsident des Deutschen Fußball-Bunds. Damit möchte man vor allem eine ausgelassene Partystimmung sowie eine mit Jubel erfüllte Arena herzeigen können.

Man weiß, „dass es für Jugendliche und Kinder in den Vereinen eine große Motivation ist, den Idolen nachzueifern“, ergänzte Grindel. „Daher wünschen wir uns, dass viele jüngere Fans in Leverkusen zum Anfeuern der Spieler erscheinen und ihnen damit den nötigen Beistand für die Weltmeisterschaft in Russland mitgeben.“

Dennoch kann die deutsche Nationalelf nicht mehr auf unbeschwerte Unterstützung hoffen. Das Treffen von Özil und Gündogan mit dem Präsidenten Tayyip Erdogan scheint nämlich einen bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben, einen Eindruck, der vor allem negativ ist, wie aus zahlreichen Kommentaren und Beiträgen in sozialen Netzwerken geschlossen werden kann. Es sind Bilder, die eine freundliche Nähe von deutschen Profis zu einem Politiker zeigen, der jüngst Oppositionelle, Aktivisten und Journalisten oft ohne Angabe von Gründen hat verhaften lassen.

Diese Bilder lassen sich nur schwerlich verdrängen, zumal die Nationalhymne schon am heutigen Abend beim Testspiel gegen Österreich erklingen wird. Die Zuschauer werden Özil und Gündogan ganz besondere Aufmerksamkeit schenken, wenn die Kamera ihre Gesichter einfängt. Ob man will oder nicht, das etwa drei Wochen alte Foto mit Erdogan wird dadurch neue Aktualität gewinnen.

Es steht außer Frage, dass Bundestrainer Löw und seine Mannschaft aufgrund dieser Fotos mit einer gewissen Last zur Meisterschaft nach Russland anreisen werden. Ob dieser Ballast wirklich so groß ist, wird sich allerdings erst nach dem heutigen Spiel gegen die südlichen Nachbarn sowie nach dem letzten Spiel gegen Saudi-Arabien in Leverkusen zeigen.

Der deutsche Chefcoach könnte so reagieren, dass er weder Özil noch Gündogan gegen Saudi-Arabien antreten lässt und ihnen auch bei der Kamera-Vorbeifahrt die Nationalhymne erspart.

Oliver Kahn betrachtet es nüchtern

Oliver Kahn, ehemaliger Welttorhüter, betrachtet das Ganze eher aus einem sehr nüchternen Blickwinkel. „Uns ist doch allen klar, dass viele Spieler mit einem Migrationshintergrund nicht aufgrund ihres Herzens Deutschland wählen, sondern weil sie in der deutschen Nationalelf große Erfolge feiern können. Sie stehen dort ganz anders im Rampenlicht als in einem Land, für das ihr Herz möglicherweise schlägt“, äußerte der 48-Jährige kürzlich in einem Interview. So sehe nun mal die Realität aus, meinte Kahn, „wir brauchen da auch nicht päpstlicher zu sein als der Papst.“

So kann man die Dinge auf eine neutrale Art und Weise durchaus betrachten. Nur ergibt sich dabei trotzdem das Problem, dass die Mannschaft nicht von neutralen Fans unterstützt sein will. Viel eher möchte sie emotionalen Beistand, um gute Leistungen in Russland zu erbringen. Mit der Last der Erdogan-Fotos könnte das aber ein schwieriges Unterfangen werden.