DFB-Team: Die unterschätzte Erdogan-Affäre

Ilkay Gündogan kritisiert die Fußball Bundesliga
Foto: Dirk Vorderstraße / Flickr (CC BY-NC 2.0)

Was zuvor schon seitens der Medien spekuliert worden war, ist nun offiziell. Sami Khedira ist der erste Nationalspieler, der bestätigt, dass die Affäre rund um die Erdogan-Fotos Auswirkungen auf die Spielleistung der Nationalmannschaft hatte.

Eigentlich war er als Führungsspieler angesehen worden, einer, der auch mit Größen wie Neuer, Boateng, Müller oder Hummels alles rettet, wenn es schon verloren scheint. Ein essenzieller Bestandteil im WM-Kader.

Das ist Sami Khedira aber nicht gelungen, trotz seiner Erfahrung, den 77 Länderspielen sowie langen und erfolgreichen Stationen bei Juventus Turin und Real Madrid hat der 31-Jährige nur ungenügende Leistungen auf dem Platz abgeliefert.

Offensichtlich aber auch neben dem Feld. So hat er es nicht geschafft, sich zusammen mit den anderen erfahrenen Spielern im Kader zu einer „Ruckperson“ zu entwickeln, zu jemandem, der jüngere Spieler, die nachrückende Generation in der Nationalelf auf einen soliden Weg zum Erfolg führt.

Dementsprechend bewertet nun der tunesischstämmige Fußballer sich selbst, nachdem er nach Deutschland zurückgekehrt ist. „Keiner der Spieler im aktuellen Kader konnte an sein Topniveau herankommen. Aber ich möchte der Mannschaft keine Vorwürfe machen. Wir haben auf jeden Fall unser bestes gegeben“, meinte Khedira. Viel lieber wolle er seine eigenen Auftritte aufarbeiten. „Zuletzt habe ich in Turin eine perfekte Saison gespielt. Es war die wahrscheinlich beste Saison meiner Karriere… und dann kommen zwei solche Spiele bei der WM. Ich kann völlig verstehen, dass meine Mitspieler und ich nun so harte Kritik einstecken müssen. Es gibt viel, worüber man jetzt nachdenken kann.“

Zu den möglichen Gründen für den Niedergang der Deutschen sagte der gebürtige Stuttgarter ebenfalls ein paar Worte. Und gestand dabei etwas überraschendes ein. Die Affäre um Erdogan, die der Nationalmannschaft seit dem 13. Mai nachhing, weil Ilkay Gündogan und Mesut Özil sich mit dem im Wahlkampf befindlichen türkischen Präsidenten hatten fotografieren lassen und ihm sogar Trikots mit Widmung schenkten, diese Affäre „wurde unterschätzt und war in der Tat ein Riesenthema“, erklärte Khedira.

Gleichzeitig sei er „kein Krisenmanager, der wüsste, wie man damit am besten umgehen sollte. Allerdings hat sich das Thema einfach nicht beruhigt, was natürlich keine Ausrede für die schlechte Leistung sein soll. Es war schlichtweg eine Belastung, durch die man den Kopf nie völlig frei gekriegt hat.“ Inzwischen sickerte durch: Viele Spieler konnten es nicht nachvollziehen, dass Özil in dieser Sache so zurückhaltend bleibt und nicht einmal versucht hatte, das Ende des Themas herbeizuführen.

Auch ein möglicher Rücktritt sei für Khedira nicht ausgeschlossen, womit er sich jetzt auch beschäftige. „Ich sehe mich als emotionalen Menschen, aber benötige nun etwas Ruhe und Abstand, um das Unerklärliche irgendwie erklären zu können“, meinte der Juve-Profi.

Im sei jetzt wichtig, alles für sich aufzuarbeiten und daraus Schlüsse zu ziehen. „Ich möchte Erklärungen für das finden, was bei der Weltmeisterschaft passiert ist. Im letzten Jahr hat man gesehen, dass ich permanent Topleistungen bringen kann. Daher will ich diese Entscheidung nicht aus einer Emotion heraus treffen und auch nicht ausschließlich von diesen beiden Spielen abhängig machen.“ Zunächst werde er im Vertrauen auch mit Joachim Löw sprechen. Danach wird sich alles Weitere ergeben.