Hoeneß zum DFB-Team: Bringt nichts “zwölf Spieler auszutauschen”

Joachim Löw
Joachim Löw (© Tomasz Bidermann / Shutterstock.com)

75.000 Fans feierten Bastian Schweinsteiger bei dessen endgültigem Abschiedsspiel zwischen dem FC Bayern München und Chicago Fire. Nach der Partie stellte auch Uli Hoeneß, Präsident des FC Bayern München und seit jeher mit einem ganz engen Verhältnis zum deutschen Weltmeister von 2014, noch einmal die Besonderheit von Schweinsteiger auf und vor allem neben dem Platz heraus. Doch trotz des freudigen Anlasses widmete sich Hoeneß auch weniger vergnüglichen Themen, nämlich der deutschen Nationalmannschaft. Eine Revolution im DFB- Team und -Umfeld hielte er für falsch. Bei Jerome Boateng blickt Hoeneß dem Ende der Transferperiode hingegen optimistisch entgegen. 

Die Festtagskulisse in der Münchner Allianz Arena ging auch an Uli Hoeneß nicht spurlos vorbei. Schließlich feierten die Münchner Anhänger ihren ehemaligen Leitwolf frenetischer als so manchen Heimsieg. “Als ich auf dem Feld stand, um ihn zu verabschieden, da dachte ich mir, Werte zählen schon noch was in unserer Gesellschaft. Das spürte man, dass die Leute ihm was zurückgeben wollten für das, was er geleistet hat”, sah Hoeneß die Begeisterung der Fans als verdienten Lohn für Schweinsteigers jahrelange harte Arbeit auf dem Platz sowie Bodenständigkeit abseits des grünen Vierecks.

“Basti ist einer, der für Werte steht.” Dies war Hoeneß' Fazit nach dem in allen Belangen gelungen Abschied ihres zig-fachen Titelträgers. Bringt Bastian Schweinsteiger diese Integrität zukünftig auch in die Führungsebene des FC Bayern München mit? “Ich glaube, Basti hat noch keinen Plan. Er hat noch nichts zugesagt, er will vielleicht noch ein Jahr spielen und dann sieht er mal weiter”, lässt Hoeneß keine Tendenz erkennen, ob es bereits Absprachen zwischen dem FC Bayern und Schweinsteiger, beziehungsweise Vorstellungen von Seiten des Vereins gibt, wie sich der verdiente Ex- Profi nach dem Ende der aktiven Karriere in nicht allzu ferner Zukunft in die Führungsgilde integrieren ließe.

Hoeneß hält Revolution beim DFB für den falschen Schritt

Neben den Lobgesängen auf den ehemaligen Führungsspieler des FC Bayern Bastian Schweinsteiger, äußerte sich Uli Hoeneß aber wie gewohnt auch zu sämtlichen anderen Themen, die im deutschen Fußball aktuell auf der Agenda stehen. Momentan am drängendsten und am heißesten diskutiert: der Umbau der deutschen Nationalmannschaft. Heute erklärte sich Joachim Löw, gab eigene Fehler selbstkritisch zu und zeigte sich überaus motiviert, diese in der Zukunft zu korrigieren. Uli Hoeneß schloss gestern Abend schon zu sehr von sich auf andere und mahnte an, den Aufarbeitungsprozess nach der WM nicht zu transparent in der Öffentlichkeit anzugehen. “Ich glaube nicht, dass morgen viel rauskommt. Löw wäre unklug, alles in breiter Öffentlichkeit zu diskutieren. Ich halte überhaupt nichts davon, eine Alibi-Veranstaltung zu machen vor den Medien, um den tollen Hecht zu spielen.” Dass eine Aufarbeitung auch ehrlich und mit kritischem Blick auf die eigenen Fehler geschehen kann, schien Uli Hoeneß nicht erwartet zu haben.

In einem anderen Punkt scheinen Uli Hoeneß und Joachim Löw auf einer Linie zu liegen. Nämlich auf der, dass es keiner personellen Komplettrochade bedarf, um der Nationalmannschaft neue Geister einzuhauchen. Uli Hoeneß betonte bereits gestern: “Man muss das eine oder andere ändern, aber das Allerwichtigste ist, dass die Mannschaft wieder mehr arbeitet und kämpft, sich nicht in ihr Schicksal ergibt, wie das in Russland war. Ein Spiel wie gegen Südkorea, wo wir gegen einen zweitklassigen Gegner über 90 Minuten fast keine Chance herausspielen, obwohl jeder wusste, dass es ums Sein oder Nichtsein geht, das ist ein Alarmzeichen und das hat nichts damit zu tun, zwölf Spieler auszutauschen.” Den kompletten Kader tauschte Joachim Löw dann auch keineswegs aus, wie heute bei der Nominierung des deutschen Kaders für die Länderspiele gegen Frankreich und Peru offensichtlich wurde. Von den arrivierten Kräften, die anders als etwa Mesut Özil oder Mario Gomez im Anschluss an die enttäuschende WM in Russland samt Vorrunden- Aus nicht aus der Nationalmannschaft zurücktraten, fehlt lediglich Mittelfeldspieler Sami Khedira. Und auch nur drei ganz frische Kräfte, die bislang noch nicht für Deutschland aufgelaufen waren, nominierte Löw in Person von Thilo Kehrer, Nico Schulz und Kai Havertz. Zudem kehrt Leroy Sane, der nicht mit zur WM berufen worden war, was kontroverse Diskussionen nach sich zog, in den deutschen Nationalmannschafts- Kader zurück.

Eine solche Entwicklung mahnte Uli Hoeneß gestern Abend schon an – und sah diese auch in gewisser Weise voraus. “Es werden genügend Spieler dabeibleiben und die müssen anders spielen, als sie es in Russland getan haben.” Weiterhin stellt den Kern der deutschen Nationalmannschaft um Manuel Neuer im Tor, Joshua Kimmich, Mats Hummels oder Niklas Süle in der Defensive oder Leon Goretzka und Thomas Müller weiter in der Offensive der deutsche Rekordmeister und so argumentiert Uli Hoeneß nicht ohne eine gewisse Selbstzufriedenheit ob dieser Rolle: “Ich weiß nur, dass die Nationalmannschaft nur dann wieder gut wird, wenn der FC Bayern gut ist, und daran müssen wir arbeiten.”

Auch der Noch- Münchner Innenverteidiger Jerome Boateng wurde für den deutschen Kader für die beiden Länderspiele Anfang September gegen die Equipe Tricolore und die bei der WM trotz Vorrunden- Aus nicht enttäuschenden Peruaner nominiert. Ob der 29- Jährige am 6. September, wenn Deutschland im Rahmen der neuen Nations League auf Frankreich trifft, immer noch beim deutschen Rekordmeister unter Vertrag stehen wird oder dann doch noch in die Liga des amtierenden Weltmeisters gewechselt ist, lässt sich wohl erst nach dem Ende der Transferperiode am 31. August mit Sicherheit sagen. Denn nach wie vor ist das starke Interesse von Paris Saint- Germain am deutschen Weltklasse- Verteidiger nicht erkaltet. Dennoch zeigt sich Bayern Münchens Präsident Uli Hoeneß vorsichtig optimistisch, dass Jerome Boateng weiterhin seine Fußballschuhe für den Klub von der Säbener Straße schnürt: “Wenn Sie mein Gefühl heute Abend hören wollen, dann sage ich, er bleibt bei Bayern.”