Bayer 04 Leverkusen geht mit einem neuen Trainer in die Rückrunde. Allein diese Tatsache hatte in der Branche und bei vielen Fans bereits Verwunderung ausgelöst, denn immerhin hat Ex-Coach Heiko Herrlich vor der Winterpause drei der letzten vier Spiele gewonnen. Am Ende überwog bei den Verantwortlichen aber offenbar die Unzufriedenheit über die insgesamt enttäuschende erste Saisonhälfte, an deren Ende nur Platz neun stand. Nun soll es also der Niederländer Peter Bosz richten, der in der Vorsaison bei Borussia Dortmund krachend gescheitert war. Dass Bosz seinen taktischen Ansatz in keinster Weise verändert hat, kann man nach dem ersten Testspiel der Leverkusener nun erahnen.
Bayers Sportchef Rudi Völler macht kein Geheimnis daraus, dass er Peter Bosz gerne schon im Sommer 2017 verpflichtet hätte. Damals war der Trainer nach einer äußerst erfolgreichen Saison mit Ajax Amsterdam extrem begehrt, am Ende entschied Bosz sich für das Angebot von Borussia Dortmund.
Bosz-Start beim BVB war vielversprechend
Die Anhänger des BVB werden sich mit Freude an die ersten Wochen der Amtszeit des Niederländers erinnern. Der sympathische Bosz setzte kompromisslos auf Offensivfußball, die Borussia gewann sechs der ersten sieben Saisonspiele, erzielte dabei 21 Tore und hatte als Tabellenführer fünf Punkte Vorsprung auf den FC Bayern. Was aber von Anfang an auffiel: Die Taktik des Trainers war äußerst riskant.
Zu hohe Anfälligkeit für Konter
Bosz forderte permanent ein extrem hohes Pressing, dadurch standen selbst die eigenen Innenverteidiger bei Ballbesitz viele Meter in der gegnerischen Hälfte. Die Folge: Selbst einfache Befreiungsschläge konnten die BVB-Defensive von einer auf die andere Sekunde in Verlegenheit bringen. Torwart Roman Bürki musste sich daran gewöhnen, dass so gut wie in jeder Partie gegnerische Stürmer alleine auf ihn zuliefen. Die Borussia wurde ständig ausgekonert – das konnte auf lange Sicht nicht gutgehen.
Entlassung nach dem 15. Spieltag
Der BVB gewann danach unter Bosz kein einziges Spiel mehr und wurde bis zum 15. Spieltag auf Platz acht durchgereicht. Absoluter Tiefpunkt war das Revierderby gegen Schalke, als die völlig verunsicherte Mannschaft selbst eine 4:0-Halbzeitführung noch verspielte. Der Rest der Geschichte ist bekannt: Dortmund feuerte Bosz und rettete sich am Ende mit Interimstrainer Peter Stöger gerade noch so in die Champions League. Bosz hingegen blieb seit seiner Entlassung im Dezember 2017 arbeitslos.
Bosz bleibt bei seiner Taktik
“Ich habe aus meinen Fehlern gelernt”, hatte Peter Bosz bei seiner Vorstellung unterm Bayer-Kreuz vor einer guten Woche gesagt. Wer sich das Testspiel der Werkself am Dienstag gegen den niederländischen Zweitligisten Twente Enschede angeschaut hatte, kann allerdings Zweifel an dieser Aussage bekommen. Leverkusen gewann die Partie gegen einen überforderten Gegner durch Tore von Alario (33.), Kohr (39.), Volland (57.) und Bailey (77.) zwar glatt mit 4:0, zu sehen war aber ganz klar der typische Bosz-Fußball.
Dragovic hat Probleme
Der Coach wählte in beiden Halbzeiten eine extrem offensive Aufstellung, ließ seine Spieler enorm hoch pressen und beorderte seine Abwehrreihe sehr weit nach vorne. Wie in den “guten” Spielen beim BVB klappte das gegen einen schwachen Gegner wie Twente hervorragend, die Niederlände kamen kaum zum Luft holen. Auffällig war aber auch, dass zwei individuelle Fehler sofort zu schnellen Kontern und hundertprozentigen Chancen für Enschede führten. Vor allem Innenverteidiger Aleksandar Dragovic schien mit den neuen Vorgaben des Trainers überfordert und hob wiederholt das Abseits auf.
Wie viel Risiko geht Bosz gegen Gladbach?
Wie sich Bayer Leverkusen unter Peter Bosz entwickeln wird, ist sicher eine der spannendsten Fragen der Rückrunde. Wichtige Erkenntnisse wird zweifellos schon das erste Ligaspiel am 19. Januar liefern, dann empfängt die Werkelf zum Auftakt das ambitionierte Team von Borussia Mönchengladbach. Die Fohlen sind eine der besten Kontermannschaften der Bundesliga, mal schauen ob Bosz seine Taktik in dieser Partie anpassen wird. Der deutsche Top-Buchmacher Wetten.com sieht Leverkusen mit einer Sieg-Quote von 2,10 jedenfalls als Favoriten.