Eine neue Maßnahme sorgt in der Fußball-Bundesliga für Gesprächsstoff: der sogenannte Handshake-Dialog. Dabei treffen sich Schiedsrichter, beide Trainer und die Kapitäne rund 70 Minuten vor Anpfiff in der Kabine der Unparteiischen – eine Art Mini-Gipfel im Stadion-Untergeschoss. Der Gedanke dahinter: mehr Respekt, weniger Konflikte. Die Initiative stammt von der DFL-Kommission Fußball und wurde nach Rücksprache mit der “DFB Schiri GmbH” eingeführt. Auch in der 3. Liga gilt diese Regel bereits.
Laut offizieller Begründung soll der Dialog dazu beitragen, dass “alle Beteiligten sich auf Augenhöhe begegnen und einen respektvollen Umgang pflegen”.
Im Kern also ein Präventivtreffen, bei dem nicht nur Regelhinweise wie die 8-Sekunden-Regel für Torhüter, sondern auch mögliche Spannungen aus dem Weg geräumt werden sollen. Doch wie kommt das Format bei den Trainern an? Die Reaktionen sind geteilt.
Kritik wird bereits laut: “Unterbricht die Vorbereitung”
Schon zu Saisonbeginn meldeten sich skeptische Stimmen. In der 3. Liga äußerten einige Trainer früh Bedenken – vor allem wegen des Zeitpunkts. Heidenheims Coach Frank Schmidt erklärte, dass das Treffen mitten in seine Besprechung vor Heimspielen falle: „Das bringt mich ehrlich gesagt in zeitliche Bedrängnis. Irgendjemand muss hier wohl anpassen – wahrscheinlich ich selbst“, kommentierte er süffisant.
Noch deutlicher wurde Lukas Kwasniok, inzwischen Cheftrainer des 1. FC Köln. Schon nach seiner ersten Erfahrung im Pokal fand er klare Worte: „Für mich bringt das keinen Mehrwert. Die Beteiligten wissen oft gar nicht, was sie sagen sollen, und meine eigene Vorbereitung wird unterbrochen.“ Er bezeichnete die Maßnahme spöttisch als „unnötigen Schnickschnack“ und schlug sogar vor, das Ganze schnell wieder abzuschaffen: „Es war sicher gut gemeint, aber nicht jede Idee bewährt sich.“
Ob sich seine Meinung nach dem gelungenen Bundesliga-Auftakt in Mainz (1:0) geändert hat, ließ Kwasniok offen.
Schuster verteidigt das Treffen: “Neue Ebene ohne Emotionen”
Ganz anders bewertet Julian Schuster, Trainer des SC Freiburg, den Handshake-Dialog. Trotz einer Auftaktniederlage gegen Augsburg (1:3) sieht er Vorteile: „Viele belächeln das Format, aber ich finde es hilfreich. Man begegnet sich das erste Mal nicht an der Seitenlinie unter Spannung, sondern in ruhiger Atmosphäre. Das kann Konflikten vorbeugen.“
Schuster betont zudem die Signalwirkung in Richtung Basisfußball. Als ehemaliger Bezirksliga-Spieler wisse er, wie wichtig gegenseitiger Respekt sei: „Wir alle haben eine Vorbildfunktion. Wenn wir oben ein gutes Miteinander vorleben, hilft das auch in den unteren Ligen.“ Für ihn seien die bisherigen Erfahrungen „durchweg positiv“.
Prävention und Austausch: Auch Schiris sehen Chancen
Auch die Unparteiischen selbst sehen im neuen Ritual mehr als nur einen formalen Handschlag. FIFA-Schiedsrichter Florian Badstübner erklärte vor Saisonstart, dass der Dialog über Regelhinweise hinausgehen könne: „Man kann auch Themen aus vorherigen Spielen ansprechen oder Infos teilen, falls es besondere Vorkommnisse mit den Fans geben könnte.“ Aus seiner Sicht biete das Treffen die Chance, präventiv Probleme zu entschärfen und das Verhältnis zwischen Teams und Referees zu verbessern.
Zwischen Skepsis und Potenzial – wie geht es weiter?
Ob sich der Handshake-Dialog langfristig etabliert, wird sich erst zeigen. Kritiker bemängeln die zusätzliche Unterbrechung in der heißen Vorbereitungsphase, Befürworter sehen dagegen einen Gewinn für das Klima auf und neben dem Platz. Schuster plädiert dafür, dem Projekt Zeit zu geben: „Nach einer halben Saison wird man sehen, ob sich die Gespräche wiederholen oder ob echte Inhalte entstehen.“
Die DFL und der DFB wollen die Wirkung in der Winterpause evaluieren. Dann könnte sich entscheiden, ob das Format bleibt, angepasst oder abgeschafft wird. Klar ist schon jetzt: Der Handshake-Dialog polarisiert – und hat damit das geschafft, was im Fußball fast immer Aufmerksamkeit garantiert: eine lebhafte Diskussion.