
Die Nachricht vom tragischen Unfalltod des portugiesischen Fußballstars Diogo Jota hat weit über die Fußballwelt hinaus für Erschütterung gesorgt – sogar in Wimbledon, wo sonst Tradition über allem steht. Erstmals in der über 100-jährigen Geschichte des Turniers lockerten die Veranstalter des Grand Slams ihre strikte Kleiderordnung: Spielerinnen und Spieler dürfen zu Ehren Jotas mit schwarzer Trauerbinde antreten.
Diogo Jota, Offensivspieler des FC Liverpool und portugiesischer Nationalspieler, kam in der Nacht zum Donnerstag bei einem Autounfall ums Leben. Auch sein jüngerer Bruder André Silva starb bei dem tragischen Zusammenstoß. Besonders erschütternd: Jota war erst wenige Tage zuvor verheiratet worden. Er hinterlässt seine Ehefrau und drei kleine Kinder.
Die Reaktionen in der Sportwelt fielen tief bewegt aus. In Portugal löste die Nachricht nationale Trauer aus, beim FC Liverpool gedachte man des „hochgeschätzten Spielers und wunderbaren Menschen“.
Bei der Fußball-Europameisterschaft der Frauen gab es vor mehreren Spielen Schweigeminuten. Internationale Sportgrößen wie Cristiano Ronaldo und Virgil van Dijk äußerten sich mit persönlichen Worten.
Cabral darf mit Trauerflor antreten
Auch im traditionsbewussten All England Club, in dem seit 1877 das Wimbledon-Turnier ausgetragen wird, ging die Nachricht nicht spurlos vorüber. Der portugiesische Doppelspezialist Francisco Cabral zeigte auf dem Rasen eine sichtbare Geste des Mitgefühls: Mit einer schwarzen Schleife am Ärmel trat er gemeinsam mit seinem Partner Lucas Miedler im Doppel an – mit Genehmigung der Turnierleitung, die damit ein stilles, aber starkes Zeichen setzte.
„Er war für uns alle mehr als nur ein Spieler – ein Vorbild, ein Mensch mit großem Herz“, sagte Cabral nach dem Match. „Es ist mir eine Ehre, ihn auf diese Weise zu würdigen.“ Die Nachricht vom Tod seines Landsmanns habe ihn auf dem Weg zur Tennisanlage erreicht. Das Match gegen Jamie Murray und Rajeev Ram gewannen Cabral und Miedler mit 7:6, 6:3 – das darauffolgende Spiel verloren sie allerdings.
Wimbledon-Bosse lockern den Dresscode
Auch der britische Doppelprofi Neal Skupski, bekennender Fan des FC Liverpool, kündigte an, ein Zeichen der Trauer setzen zu wollen. Für Wimbledon-Verhältnisse ist diese Reaktion bemerkenswert: Der Dresscode des Turniers gilt als unerschütterlich. Seit mehr als einem Jahrhundert ist es Pflicht, komplett in Weiß aufzulaufen – mit nur minimalen farbigen Elementen wie Sponsorenlogos.
Die Ausnahme im Fall Jota erinnert daran, dass selbst in einer Institution wie Wimbledon menschliche Regungen Platz haben. Zwar hatten im Vorjahr weibliche Tennisprofis bereits erreicht, bei Regelanpassungen gehört zu werden – etwa beim Tragen farbiger Unterwäsche – doch öffentliche Zeichen von Trauer sind weiterhin selten.
Menschlichkeit und Solidarität in der Sportwelt
Wimbledon hat eine Gratwanderung gemeistert: Der Club bleibt sich treu, zeigt aber zugleich Mitgefühl. In der Erinnerung an Diogo Jota lebt nicht nur der Sportler weiter, sondern auch der Mensch, den viele in der Fußballwelt als aufrichtig, bescheiden und inspirierend erlebten.
In einer Welt des Hochleistungssports, in der sonst jede Geste durchgeplant ist, war diese spontane Solidarität ein seltenes, starkes Zeichen der Gemeinschaft – und vielleicht das menschlichste in diesem Wimbledon-Jahr.