
Jan-Lennard Struff hat beim Grand-Slam-Klassiker in Wimbledon für ein sportliches Ausrufezeichen gesorgt. Der 35-Jährige besiegte in der zweiten Runde den favorisierten Kanadier Félix Auger-Aliassime mit 3:6, 7:6 (11:9), 6:3, 6:4 und trifft nun auf Titelverteidiger Carlos Alcaraz – ein echtes Highlight-Match, das auf dem Centre Court stattfinden dürfte.
Nach der witterungsbedingten Unterbrechung am Mittwochabend wurde die Partie am Donnerstag auf Court 18 fortgesetzt. Struff war mit einem psychologischen Vorteil in den zweiten Spieltag gestartet, nachdem er am Vorabend den umkämpften Tiebreak des zweiten Satzes mit 11:9 für sich entschieden hatte. Es war der Wendepunkt der Begegnung.
Starkes Comeback nach Rückstand
Der Deutsche, aktuell nur die Nummer 125 der Weltrangliste, kämpfte sich nach verlorenem ersten Satz eindrucksvoll zurück. Im dritten Durchgang gelang ihm beim Stand von 3:3 das vorentscheidende Break, das er nach nur 43 Minuten zum Satzgewinn verwertete. Auch im vierten Satz bewies Struff Nervenstärke, wehrte sieben Breakbälle ab und verwandelte nach 3:11 Stunden seinen ersten Matchball.
„Es war ein richtig wichtiger Sieg“, sagte Struff nach der Partie im TV-Interview. „Ich habe lange keine zwei Matches in Folge gewonnen. Gegen Alcaraz muss ich mutig spielen, das ist mein Stil – offensiv, aggressiv.“
Von der Krise zur kleinen Sensation
Tatsächlich war der Erfolg gegen Auger-Aliassime kaum zu erwarten gewesen. Zwischen beiden Spielern liegen derzeit 97 Plätze in der Weltrangliste – ein Klassenunterschied, den man auf dem Platz nicht sah. Für Struff war es der erste Sieg bei einem Grand Slam seit Monaten. Sowohl bei den Australian Open als auch bei den French Open war er jeweils in der ersten Runde gescheitert.
Bundestrainer Michael Kohlmann zeigte sich beeindruckt: „Die erste Runde war für ihn der Dosenöffner. Heute war er noch einmal stärker. Natürlich ist Alcaraz der klare Favorit – aber Jan-Lennard ist jemand, gegen den auch Topspieler ungern antreten.“
Wiedersehen mit dem Centre Court
Mit dem Erreichen der dritten Runde kehrt Struff nach sieben Jahren auf den Centre Court zurück. 2018 hatte er dort gegen Roger Federer verloren. „Das wird spannend, wieder dort zu spielen. Ich freue mich riesig auf das Match – es ist eine große Herausforderung“, so Struff.
Sein Gegner Carlos Alcaraz ist nicht nur amtierender Wimbledon-Champion, sondern aktuell auch die Nummer zwei der Welt. Der 22-jährige Spanier kennt Struff gut: Im Mai 2023 standen sich beide im Finale des Masters in Madrid gegenüber – mit dem besseren Ende für Alcaraz. Auch diesmal hat sich der Spanier vorbereitet und verfolgte am Mittwochabend weite Teile von Struffs Match.
Eine Saison mit wenigen Höhepunkten
Seit seinem Titelgewinn bei den BMW Open in München im April 2024 war es ruhig um Struff geworden. Insgesamt scheiterte er in diesem Jahr 16-mal spätestens in Runde zwei. Umso bemerkenswerter ist sein Lauf in Wimbledon, wo er als letzter verbliebener deutscher Spieler bei den Herren für positive Schlagzeilen sorgt.
Ob es gegen Alcaraz für die nächste Überraschung reicht, bleibt offen. Doch Struff hat schon jetzt bewiesen, dass er auf der großen Bühne immer noch mit den Besten mithalten kann.