
Dick Advocaat schreibt im kommenden Sommer Fußballgeschichte. Der Niederländer, längst eine Trainerlegende, wird mit 78 Jahren als ältester Coach aller Zeiten an einer Weltmeisterschaft teilnehmen. Möglich macht das die erstmalige Qualifikation Curaçaos, das sich mit einem dramatischen 0:0 auf Jamaika ein Ticket für die Endrunde in den USA, Mexiko und Kanada sicherte. Advocaat übertrumpft damit die bisherige Bestmarke von Otto Rehhagel, der 2010 im Alter von über 71 Jahren die griechische Nationalmannschaft betreut hatte.
Für Advocaat, der im Laufe seiner Karriere sieben Nationalteams anführte – darunter sein Heimatland gleich dreimal – ist dieser Erfolg mehr als nur eine weitere Anekdote im langen Lebenslauf.
Viele verbinden ihn vor allem mit der WM 1994, als er die Niederlande ins Viertelfinale führte. Doch nun, drei Jahrzehnte später, setzt er mit dem kleinsten WM-Teilnehmer der Geschichte einen völlig neuen Akzent.
Curacao: Inselträume werden WM-Realität
Curaçao, ein autonomer Landesteil des Königreichs der Niederlande und Heimat von gerade einmal etwas über 150.000 Menschen, ist der Winzling unter den WM-Teilnehmern. Doch unter Advocaat entwickelte sich die Mannschaft zu einem taktisch organisierten, widerstandsfähigen Team, das gegen deutlich größere Gegner bestehen konnte. Die Krönung: das Unentschieden von Kingston.
Ironischerweise war Advocaat bei der entscheidenden Partie nicht einmal im Stadion. Nur wenige Stunden nach seiner Ankunft in Jamaika hatte er aufgrund familiärer Verpflichtungen wieder abreisen müssen.
Von den Niederlanden aus blieb er allerdings in ständigem Austausch mit seinem Betreuerteam. Wie er später erklärte, sei es „eine der härtesten Entscheidungen seiner Laufbahn“ gewesen, die Mannschaft aus der Distanz begleiten zu müssen.
Ein Qualifikationskrimi in der Karibik
Das Spiel selbst hatte alles, was ein Kapitel für die WM-Geschichte braucht. Jamaika traf mehrfach das Aluminium, Curaçao verteidigte leidenschaftlich und setzte selbst einige Nadelstiche. In den Schlussminuten drohte alles zu kippen: Nach einem Zweikampf zeigte der Schiedsrichter auf den Punkt, doch der VAR kassierte den Elfmeter wieder ein – die Szene, die letztlich das WM-Ticket der Insel rettete.
Als wenig später der Schlusspfiff ertönte, jubelte der Außenseiter grenzenlos. Advocaat verfolgte in Den Haag mitten in der Nacht jede Sekunde – und beschrieb später, er habe das Gefühl gehabt, „neben der Mannschaft zu stehen, auch wenn ich tausende Kilometer entfernt war“.
Neue Chancen, intensiver Kampf
Mit Curaçao, Panama und Haiti sicherten sich drei Nationen am letzten Spieltag ihre Direktqualifikation. Für Jamaika geht es dagegen in die Play-offs – und um die Suche nach einem neuen Trainer.
Auch in Europa beginnt nun der Showdown. Italien, die Türkei, Dänemark und die Ukraine führen die vier Lostöpfe an, während Länder wie Rumänien, Schweden oder Nordirland als Außenseiter ins Rennen gehen. Parallel kämpfen bei den interkontinentalen Play-offs Mannschaften wie Suriname, Bolivien oder Neukaledonien um die letzten Plätze. Die entscheidenden Spiele werden allesamt Ende März 2026 ausgetragen.
Egal wie diese Duelle enden – ein Platz in den Geschichtsbüchern gehört einem schon jetzt: Dick Advocaat, der älteste WM-Trainer aller Zeiten, der ein Fußballmärchen der ganz kleinen Nationen wahr gemacht hat.

