
Vor kaum einem Monat sah es noch so aus, als würde Aitana Bonmatí die Europameisterschaft krankheitsbedingt verpassen. Ende Juni lag die Mittelfeldstrategin des FC Barcelona mit einer viralen Meningitis im Krankenhaus. Das letzte Testspiel vor der EM gegen Japan verpasste sie – und bis drei Tage vor dem ersten Gruppenspiel war ihre Teilnahme ungewiss. Doch Bonmatí kämpfte sich zurück – und schrieb am Mittwochabend das wohl emotionalste Kapitel ihrer Karriere.
Mit einem späten Treffer in der Verlängerung entschied die zweimalige Weltfußballerin das Halbfinale gegen Deutschland mit 1:0 zugunsten Spaniens. Ihre präzise Direktabnahme überraschte DFB-Torfrau Ann-Katrin Berger auf dem kurzen Pfosten – ein Moment, der Spanien ins erste EM-Finale seiner Geschichte katapultierte.
“Für solche Momente leben wir”
Nach dem Schlusspfiff war Bonmatí überwältigt. “Daraus könnte man ein ganzes Buch machen”, sagte sie in Anspielung auf ihren beschwerlichen Weg zurück aufs Spielfeld. Doch statt Schicksal sei es harte Arbeit gewesen, die sie zurückgebracht habe: “Ich glaube an meine Einstellung und an die Menschen, die mir Kraft gegeben haben.”
Der historische Finaleinzug – der erste überhaupt für Spaniens Fußballerinnen – bedeutet nicht nur sportlichen Erfolg, sondern auch emotionale Erlösung. “Wir haben gegen Deutschland Geschichte geschrieben”, erklärte Bonmatí. “Jetzt wollen wir das nächste Kapitel aufschlagen – mit dem Titel.”
Englische Revanche im Finale
Im Finale am Sonntag wartet nun niemand Geringeres als England – eine Neuauflage des WM-Finales von 2023. Für Spanien bietet sich damit die Chance auf das historische Double. Im ZDF und bei DAZN wird das Spiel ab 18 Uhr live übertragen.
Berger übernimmt Verantwortung
Auf deutscher Seite war die Enttäuschung nach dem knappen Aus riesig. Besonders Nationaltorhüterin Ann-Katrin Berger haderte mit dem Gegentreffer. “Das kurze Eck muss zu sein, das geht auf meine Kappe”, gab sie selbstkritisch zu. Ihre Leistung im restlichen Spiel – mit zahlreichen Paraden – konnte die bittere Szene kurz vor dem Ende nicht überstrahlen. “Es tut mir nicht nur für mich leid, sondern für die ganze Mannschaft. Wir haben alles gegeben.”
Bundestrainer Christian Wück nahm seine Spielerinnen jedoch in Schutz. Weder Berger noch die zuvor eingewechselte Sydney Lohmann, die den Ballverlust vor dem Tor eingeleitet hatte, wollte er verantwortlich machen. “Das war einfach ein Geniestreich von Bonmatí”, sagte Wück. Für sein Team sei die Niederlage nach einem intensiven Duell besonders bitter.
Deutschland scheitert erstmals an Spanien
Die Statistik unterstreicht den historischen Charakter des Spiels: Es war die erste Niederlage Deutschlands gegen Spanien überhaupt – im neunten Aufeinandertreffen. Zudem ist es erst das zweite Mal, dass das DFB-Team in einem EM-Halbfinale scheitert. Zuletzt war das 1993 gegen Italien der Fall.
“Die Enttäuschung ist riesig”, resümierte Berger. “Ein kleiner Fehler, und der Traum ist vorbei.” Für Spanien dagegen könnte das Turnier mit der EM-Krone ein märchenhaftes Ende nehmen – passend zur Geschichte von Aitana Bonmatí.