Werder Bremens Euphorie: ein gefährliches Signal

Werder Bremen sorgt für Verwirrung bei der Vertragsverlängerung von Florian Kohfeldt
Florian Kohlfeldt / foto2press

Wenn es so etwas wie eine Sommerpausen-Meisterschaft der Bundesliga gäbe, hätte Werder Bremen dieses Jahr gute Karten. Denn es gab spannende Verpflichtungen wie zum Beispiel Davy Klaasen, Ex-Ajax-Kapitän, den japanischen Nationalstürmer Yuya Osako, Max-Kruse-Kumpel Martin Harnik oder auch die Klublegende Claudio Pizarro, der trotz seiner 40 Jahre austrainierter und motivierter wirkt als in zahlreichen Vorbereitungsphasen seiner bisherigen Karriere.

Hinzu kommt, dass der Sportchef Frank Baumann die Verträge international begehrter Spielern wie Pavlenka oder Schwedens WM-Superstar Augustinsson sowie Innenverteidiger Veljkovic verlängerte. Die beiden ersten in der Liste verzichteten sogar freiwillig auf eine Ausstiegsklausel.

Der Stimmungs- und Vorfreudepegel stieg nicht nur durch die Rückkehr Thomas Schaafs an, sondern auch durch Max Kruses Ernennung zum neuen Mannschaftskapitän dank seines ungewohnt souveränen Auftritts im DFB-Pokal (6:1 gegen Worms). Für Bremer Verhältnisse befindet sich die Stimmung gerade in ungewohnten Höhen.

Das i-Tüpfelchen stellte Jan Delay dar, der zum Saisonauftakt die neue Hymne für seinen Favoritenklub präsentierte und damit die Bremer PR-Abteilung ordentlich befeuerte. Zurzeit läuft bei Werder so viel richtig – einziges Manko: Die Fußballsaison hat leider noch nicht begonnen.

Die Wortführer aus Bremen, Spieler und Chefs, wären gut beraten, nach den vergangenen schwachen Saisonstarts öffentlich eher verhalten aufzutreten. Denn zu hohe Erwartungen können die Aufbruchsstimmung in sehr kurzer Zeit verderben. Hoch gewinnen kann man am Ende immer noch. Doch statt sich auf die spielerische Leistung zu konzentrieren, zeigen sich die Angestellten maximal euphorisch und befinden sich mit beiden Füßen auf dem Gaspedal.

Selbst gemachter Druck

Nachdem sich verschiedene Spieler in den letzten Wochen großzügig über die gesetzten Ziele der kommenden Saison geäußert hatten, zogen jetzt auch die Bosse offiziell nach. “Wir möchten nach Europa. Das ist unser klares Saisonziel”, sagte Frank Baumann deutlich, “die vergangenen Monate mit Florian Kohfeldt haben bewiesen, dass es greifbar ist.” Der Trainer fügte hinzu: “Zuletzt haben wir uns eher weiche Ziele gesetzt, vielleicht fehlte da am Ende der Anreiz.”

Zwar scheint dieser Bremer Habitus einerseits sehr mutig, doch andererseits ist er auch gefährlich. Schon in wenigen Wochen könnten die Werder-Macher in Erklärungsnöte geraten. Denn die forsche Haltung hat Bumerangpotenzial und lässt an großmündige Momente des HSV zurückdenken.

Der neue Bremer Weg

Erst handeln, dann reden. Das war die bisherige Reihenfolge des viermaligen Deutschen Meisters. Die verbale Waffe packte man in Bremen erst dann aus, wenn man beispielsweise aus Motivationsgründen vor wichtigen Partien ein Sahnehäubchen benötigte.

Der neue Weg in Bremen sieht anders aus. Gut möglich, dass er funktioniert. Der Sommer 2018 kann tatsächlich eine Startrampe in eine schon lange nicht mehr erlebte Supersaison mit Europapokal-Rückkehr werden. Besonders groß ist die Wahrscheinlichkeit aber nicht. Denn nicht nur Werder hat am Kader gefeilt, sondern auch die Konkurrenz. Alle gehen stark frisiert in die neue Saison.

Dadurch ergibt sich auch ein starker Ballast für die Mannschaft. Denn Werder ist unerfahrener auf den oberen Rängen und wird es gegen Topmannschaften wie Hoffenheim, Leverkusen, Leipzigs und Schlaker schwer haben. Zu erwarten ist, dass Erfolge auf dieser Ebene für Bremen eher die Ausnahme bleiben werden. Gladbach, Stuttgart, Hannover und Wolfsburg sollten erst einmal Aufgabe genug sein.